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Brustkrebs: Studie der Medizin Uni Innsbruck bringt neue Erkenntnisse zur Therapie bei Knochenmetastasen

Wird Brustkrebs erst in einem späten Stadium entdeckt, kann es zur Entwicklung von Knochenmetastasen kommen. Die Patientinnen erhalten dann eine Therapie, um die weitere Ausbreitung zu verzögern. Im Zuge der Behandlung kann es zum Absterben von Kieferknochen-Gewebe kommen. Eine einzigartige Langzeitstudie der Medizin Uni Innsbruck belegt nun, dass diese Nebenwirkung häufiger auftritt, als bisher angenommen. Die Ergebnisse sprechen für eine zahnmedizinische Vorbehandlung der Betroffenen.

Um das Fortschreiten von Knochenmetastasen sowie einhergehende Folgen wie Schmerzen und Brüche zu verhindern, erhalten Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen Medikamente wie Bisphosphonat oder Denosumab. Diese Substanzen beeinflussen den Knochenstoffwechsel, können aber eine sogenannte Medikamenten-assoziierte Kiefernekrose auslösen. Bei derartigen Kiefernekrosen kommt es zum Absterben des Kieferknochens. Aber wie häufig tritt diese gefürchtete Nebenwirkung auf? Antworten auf diese Frage liefert eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck, die im renommierten Journal of Clinical Oncology (Impact Faktor 42,1) veröffentlicht worden ist.

Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung von Oberärztin Christine Brunner von der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe (Direktor: Christian Marth) und dem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Johannes Laimer hat nun wichtige Erkenntnisse zu dieser bisher als sehr seltene Nebenwirkung eingestuften Erkrankung gewonnen. Dafür wurden Daten von Tiroler Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen aus den Jahren 2000 bis 2020 analysiert. Es konnten die Patientinnen aller neun Tiroler Krankenanstalten erfasst werden. Die Ergebnisse der statistischen Auswertung lieferten wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Häufigkeit des Auftretens dieser Nebenwirkung, sodass in der Folge neue Standards zur Prävention und Früherkennung definiert werden konnten. „Wir haben hier interdisziplinär gearbeitet und konnten so zeigen, dass es durchschnittlich bei 8,8 Prozent der Brustkrebspatientinnen zur Entwicklung einer Kiefernekrose kam. Dieser Prozentsatz ist deutlich höher als die bisher in der internationalen Literatur angegebenen Werte. Durchschnittlich dauerte es 4,6 Jahre bis Patientinnen mit Denosumab eine Kiefernekrose entwickelten, im Gegensatz zu 5,1 Jahren bei der Einnahme nach Bisphosphonaten,“ erklärt Erstautorin Christine Brunner.

BU: Oberärztin Christine Brunner leitete die Langzeitstudie (c) Birgit Koell

BU: Oberärztin Christine Brunner leitete die Langzeitstudie (c) Birgit Koell

Fortgeschrittener Brustkrebs: Erhaltung der Lebensqualität im Fokus

Aktuell erhalten in Tirol rund 540 Frauen pro Jahr die Diagnose Brustkrebs. Werden bei Erstdiagnose bereits Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, diagnostiziert, ist die Erkrankung derzeit nicht mehr heilbar. „Allerdings zeigen die Ergebnisse dieser aktuellen Studie, dass Patientinnen nach Diagnose der Knochenmetastasen durch den Einsatz hoch effektiver Therapien durchschnittlich bis zu zehn Jahre überlebten, sodass wir inzwischen auch von einem chronischen Krankheitsverlauf sprechen. Das bedeutet aber auch, dass die Erhaltung der Lebensqualität einen sehr wichtigen Aspekt bei der Behandlung darstellt, und wir besonderes Augenmerk auf mögliche Nebenwirkungen bei einer Langzeitbehandlung dieser Krebspatientinnen legen müssen“, sagt Christine Brunner.

Kiefernekrosen beeinträchtigen Lebensqualität

Die spezielle Behandlung mit Bisphosphonat oder Denosumab, die eine  Ausbreitung der Knochenmetastasen verlangsamen und über Jahre stabil erhalten sollen, erfolgt zielgerichtet. „Das ist eine sehr effektive Therapie und erhöht die Lebensqualität der betroffenen Patientinnen“, erklärt Christine Brunner.  Dass es nach Einnahme solcher Medikamente zu Infektionen des Kieferknochens bis hin zum Zahn- und Knochenverlust im Kieferbereich mit potentiell schwerwiegender Beeinträchtigung der Lebensqualität kommen kann, ist schon seit vielen Jahren bekannt. Vor diesem Hintergrund wurde an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bereits 2016 eine Spezialambulanz für diese Medikamenten-assoziierte Kiefernekrosen eingerichtet.

Erste flächendeckende Erhebung einer Erkrankung von Brustkrebspatientinnen

Bei der vorliegenden Analyse handelt es sich um die erste, flächendeckende Erhebung einer Nebenwirkung der Langzeittherapie bei Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen über eine Zeitspanne von 20 Jahren. „Deshalb wurden die Tiroler Ergebnisse auch von einem so namhaften wissenschaftlichen Organ wie dem Journal of Clinical Oncology veröffentlicht“, erklärt Christian Marth, Direktor der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. Die vorliegenden Ergebnisse streichen die Wichtigkeit einer zahnmedizinischen Vorbehandlung von Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs vor Beginn der Therapie heraus. Darüber hinaus sollten zahnärztliche Nachuntersuchungen regelmäßig eingehalten werden, um eine angepasste Zahnpflege zu gewährleisten und erste Anzeichen und Symptome einer Kiefernekrose bereits frühzeitig zu erkennen. Weitere Studien über Diagnose und Therapie der Medikamenten-assoziierten Kiefernekrose sind bereits in Ausarbeitung und werden demnächst folgen

(22.08.2024, HOF, Bilder: Birgit Koell und Nuklearmedizin Innsbruck/Virgolini/Rossetti)

Links:

Incidence of Medication-Related Osteonecrosis of the Jaw in Patients With Breast Cancer During a 20-Year Follow-Up: A Population-Based Multicenter Retrospective Study. C. Brunner, et al., Journal of Clinical Oncology, August 20, 2024
https://doi.org/10.1200/JCO.24.00171

Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe

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