Jetzt geht’s um das Kleingedruckte
Die Forschungsförderungsgesellschaft FFG hat der 3D-Biodruck Core Facility an der Medizinischen Universität Innsbruck 960.000 Euro für die Finanzierung des Projekts „3D Nanofabrication“ zugesprochen. Mit der Anschaffung eines 2-Photonen Polymerisation-3D-Nanoprinters kann das Team um Judith Hagenbuchner und Michael Außerlechner Gewebemodelle noch feiner strukturiert mittels 3D-Biodruck herstellen. Doch auch für andere Institute und Partner ergeben sich große Möglichkeiten, winzig zu drucken.
An der 3D-Biodruck Core Facility können Judith Hagenbuchner und Michael Außerlechner bald das Kleingedruckte studieren. Die FFG fördert das von Hagenbuchner beantragte Infrastrukturprojekt „3D Nanofabrication“ mit einem Volumen von 960.000 Euro, die Einrichtung an der Medizinischen Universität Innsbruck wird damit um einen 3D-Nanodrucker und vielfältige Forschungsmöglichkeiten reicher. Der spezielle 3D-Drucker, der auf dem 2-Photonen-Polymerisationsprinzip basiert, wird als österreichweit bisher einziges Gerät mit einer Bio-Unit bestückt. Soeben wurde das System, das vom Wiener Spezialisten UpNano GmbH geliefert wurde, installiert.
BU: Michael Außerlechner und Judith Hagenbuchner im 3D Biodrucklabor, das nun als Core Facility fungiert; im Hintergrund der neue 2-Photonen Polymerisation-3D-Nanoprinter. ©MUI/Bullock
Mit einem ebenfalls beschafften, hochauflösenden Lasermessmikroskop können die feinsten 3D gedruckten Strukturen vermessen werden. Denn mit freiem Auge sind diese kaum sichtbar. „Die Technologie hat eine Auflösung von ca. 200 Nanometer, wodurch Strukturen und Oberflächen im subzellulären Bereich generiert werden können“, erklärt Außerlechner. Oder, wie Hagenbuchner sagt: „Es geht da um viel weniger als Haaresbreiten.“
Hochdotierte FFG-Infrastrukturförderung
Zu Jahresbeginn wurde das 3D-Bioprintinglabor in die 3D Bioprinting Core Facility umgewandelt. 2018 hatten Außerlechner und Hagenbuchner das damals erste 3D-Bioprintinglabor Österreichs gegründet und konnten in ihrer Vorreiterrolle von Anfang an große Erfolge verzeichnen. Der Staatspreis für tierversuchsfreie Forschung 2022 und die Auszeichnung mit dem Preis der Kiwanis-Stiftung Tirol an Außerlechner, der Dr.-Otto-Seibert-Preis für den damaligen PhD-Studierenden Daniel Nothdurfter 2023 und jetzt der FFG-Grant für Hagenbuchner sind nur eine Auswahl der Preise, Auszeichnungen und Förderungen, die das Team für seine innovative Forschung bisher erhalten hat. Die Forschungsansätze und Services stoßen innerhalb und außerhalb des Campus auf großes Interesse, wie auch der FFG-Antrag Hagenbuchners zeigt: „Wir haben dafür 17 LOIs (Letter of Intent, Absichtserklärung, Anm.) bekommen, von der Med Uni. Es beteiligten sich insgesamt fünf Hochschulen und sechs Firmenpartner. Bei diesen Partnern sowie der Abteilung Forschungsservice und Innovation und der Finanzabteilung möchte ich mich herzlich für die Unterstützung dieses Projektes bedanken“, sagt sie.
BU: Blick in den Druckraum des neuen 2PP Nanobiodruckers. ©MUI/Bullock
Der neue 2-PP-3D-Nanoprinter weist gegenüber herkömmlichen 3D-Druckern gleich mehrere Besonderheiten auf: Nicht nur, dass er sehr kleine Strukturen aus Biogewebe oder Polymeren drucken kann - dank der 2-PP-Technologie ist es auch möglich, Kanäle in biogedruckte Gewebe „zu fräsen“, ohne das umliegende, lebende Material zu beschädigen. „Ein Laser sendet ultrakurze Lichtblitze ab und nur dort, wo zwei Photonen auf ein- und dasselbe Molekül treffen, entsteht entweder eine 3D-Struktur, wenn es sich um ein Harz oder Biotinte handelt, oder man kann damit auch z.B. punktgenau Hydrogele verflüssigen. Es ist also auch möglich, nachträglich aus biogedrucktem Gewebe feinste Versorgungskanäle oder Ähnliches herauszuschneiden, ohne die umliegenden Strukturen zu schädigen, wenn wir z.B. eine winzig kleine Nierenfiltrationsmembran bauen möchten, um die Nierenfunktion am Organ-Chip zu simulieren“, erklärt Außerlechner.
In der Tumorbiologie, mit der sich Außerlechner und Hagenbuchner selbst am meisten befassen, schafft der Nanoprinter die Möglichkeit, mikrostrukturierte Tumorgewebsmodelle zu drucken. „Im 3D-Biodruck haben sich die Zellen bisher selbst organisiert. Das heißt, wir haben den Zellen bestimmte Stimuli gegeben, die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit, die richtigen Wachstumsfaktoren, und sie haben sich danach entsprechend ausdifferenziert, z.B. zu Haut. Mit der neuen Methode können wir unsere Tumorgewebsmodelle noch standardisierter anbieten. Unser Hauptziel ist, dass wir uns so weit wie möglich an das menschliche Gewebe annähern, um Tierversuche ersetzen oder zumindest deutlich reduzieren zu können. Mit 3D-Bioprinting sind wir diesem Ziel schon nähergekommen. Mit dem 2-PP-3D-Nanoprinter können wir das noch kontrollierter machen und in eine mit dem großen Bio-3D-Drucker vorgedruckte Haut im Nachhinein beispielsweise noch Melanomzellen einsetzen, auf einem Platz, den wir mit dem Nanodrucker zuvor geschaffen haben“, schildert Hagenbuchner.
BU: 3D gedruckter Mikronadelarray auf Glasblock. ©MUI/Bullock
Mögliche Anwendungen in der Forschung im Rahmen der Core Facility gebe es für den 2-PP-3D-Nanoprinter jedenfalls genug, angefangen von mechanobiologischen Migrations-Assets in der Pathophysiologie, bei der Zellen durch einen so genannten „Forest of Pillars“ gezwängt werden, über Substanztests (Drug Screening) an biogedrucktem, personalisiertem Gewebe oder im klinischen Umfeld, wenn es z.B. darum geht, Innenohr-Strukturen zu drucken.
Es ist aber nicht nur der 3D-Biodruck Gegenstand des Forschungsinteresses in Innsbruck, auch mikroskopisch kleine Werkzeuge, z.B. feinste Hohlnadeln aus Kunststoff können mit der neuen Maschine hergestellt werden. „Wir können damit Nadel-Arrays generieren, mit denen die Forscherinnen und Forscher dann Pilzsporen, Impfstoffe, Bakterien usw. in verschiedene vorbestimmte Tiefen in die 3D-gedruckte Haut injizieren und z.B. untersuchen können, wie Immunzellen aktiviert werden. Für solche Anwendungen haben wir bis dato die meisten Anfragen bekommen“, sagt Hagenbuchner. Das 3D Bioprinting Team und seine PartnerInnen haben Großes mit dem Kleingedruckten vor und werden 3D Druck und Bioprinting mit diesem System in Innsbruck auf eine neue Ebene der Präzision bringen.
(Innsbruck, am 19. 9. 2024, Text: T. Mair, Bilder: D. Bullock)
Links:
FFG F&E-Infrastrukturförderung
EU-Förderung für regionale Entwicklung
WISSEN LEBEN Podcast Folge 4 mit Judith Hagenbuchner: In der Gelatine wächst ein Tumor
Haut aus dem 3D Drucker: An der Med Uni Innsbruck werden menschliche Zellen gedruckt (Der Standard Bericht 26.01.2023)
MyPoint Archiv:
Unsere ForscherInnen an der MUI: Michael Außerlechner
MUI Scientist to Watch: Judith Hagenbuchner
Dr. Otto Seibert-Wissenschaftsförderungspreis für Daniel Nothdurfter
Biodruck für spezielles Hautmodell