INDICATE - Wie Daten und KI-Modelle die Intensivmedizin verbessern sollen
Mit INDICATE gibt es seit Anfang Dezember 2024 ein Konsortium, das auf europäischer Ebene daran arbeitet, Daten aus Intensivstationen verfügbar und nutzbar zu machen. Im Einklang mit der EU-Datenschutzgrundverordnung sollen dadurch neue KI-Modelle geschaffen werden, die künftig die Pflege von PatientInnen im Intensivbereich verbessern.
Der Slogan von INDICATE lautet „Connecting Data in European Intensive Care” und beschreibt somit gut, was die Initiative vorhat. Dafür werden neue KI-Modelle (KI = Künstliche Intelligenz) benötigt. Was allen KI-Modellen gemeinsam ist, ist die Tatsache, dass sie nur dann wie gewünscht funktionieren, wenn sie genügend Daten zur Verfügung haben.
„KI wird zu vielen Vorteilen führen, zum Beispiel bei der Erkennung von Komplikationen. Bisher kommt sie in der Medizin aber nur wenig zum Einsatz, etwa in der Radiologie“, erklärt Patrick Rockenschaub von der Medizinischen Universität Innsbruck. Rockenschaub ist Postdoc und arbeitet am EpiCenter Innsbruck (kurz für Institut für Klinische Epidemiologie, Public Health, Gesundheitsökonomie, Medizinische Statistik und Informatik).
Neben der Medizinischen Universität Wien und der Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) in Salzburg beteiligt sich aus Österreich auch die Medizinische Universität Innsbruck an INDICATE. Europaweit sind viele weitere Universitäten und Krankenhäuser mit an Bord, beispielsweise aus Rotterdam und Düsseldorf. Rockenschaubs Aufgabe bei INDICATE ist analytischer Art. Er ist zuständig für die Entwicklung von Algorithmen und KI-Modellen, welche auf den Daten aus den Intensivstationen aufbauen.
Das aktuelle Problem sei, dass wir die nötigen Daten für große, robuste Modelle nicht hätten, sagt Rockenschaub. „KI braucht unglaublich viele Daten und in diesem Fall sind das noch dazu sehr sensible Daten. Gegenwärtig bleiben diese Daten aus den Intensivstationen in den jeweiligen Kliniken, teils auch nur innerhalb der eigenen Departments.“
Ziel von INDICATE ist es nun, diese Daten über Spitäler und Ländergrenzen hinweg, europaweit und unter Berücksichtigung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu harmonisieren und verfügbar zu machen. „Gesundheitsdaten sind unglaublich komplex und können in vielen, vielen, vielen verschiedenen Arten und Weisen niedergeschrieben werden“, informiert Rockenschaub. „Man glaubt gar nicht, auf wie viele verschiedene Weisen man einen Blutdruck niederschreiben kann“, ergänzt er als Beispiel. Dinge müssten daher zuerst gleich benannt werden und alleine schon der Sprachunterschied führe dazu, dass ein französisches Spital Dinge eben anders notiere als ein deutsches oder österreichisches.
Europaweit arbeiten verschiedene Kliniken zusammen an INDICATE. ©INDICATE
In Zukunft soll es daher möglich sein, die gesammelten und harmonisierten Daten aus den teilnehmenden Kliniken für die Entwicklung der nötigen KI-Modelle zu verwenden. Hier kommt auch das Thema Datenschutz ins Spiel. „Das funktioniert dann so, dass die Daten nicht zentral auf einem Server liegen werden, sondern immer noch in der jeweiligen Klinik bleiben. Ich kann dann aber einen Antrag stellen und bekomme bei einer Annahme die Möglichkeit, meine KI mit diesen Daten zu bauen. Die KI-Modelle werden also zum Spital geschickt und dort mit den Daten trainiert und es kommt nur das Ergebnis zurück. Es werden also immer nur anonymisierte Ergebnisse geschickt und die Daten verbleiben immer beim Spital“, erläutert Rockenschaub.
Ein möglicher Anwendungsfall in der Intensivstation für die KI wäre ein Multiorganversagen mit Infektion nach einer Sepsis. Mit einem System, das im Hintergrund mitläuft und schnell Veränderungen erkennt, die in einigen Stunden zum Organversagen führen, könnten ÄrztInnen frühzeitig gewarnt werden, um Schlimmeres abzuwenden.
Rockenschaub weiß aufgrund seiner Auslandsaufenthalte in Großbritannien und Deutschland, wie unterschiedlich verfügbar Gesundheitsdaten für die Forschung sind. „Es gibt ein paar Vorzeigeländer wie etwa das Vereinigte Königreich oder Dänemark, wo es schon relativ gut funktioniert. Aus den USA zum Beispiel kamen die ersten Intensivstationsdatensätze, die öffentlich verfügbar waren. Daher kam von dort auch viel Forschung in diesem Bereich. Aber diese Daten funktionieren eben nur begrenzt bei uns, denn das amerikanische Gesundheitssystem ist eben anders als das europäische. Daher brauchen wir europäische Daten, um unsere KI-Modelle zu trainieren und das ist auch sehr wichtig, dass wir das machen“, betont Rockenschaub.
Das Konsortium sei die große Stärke des Projekts, denn es vereine viele der großen Player in Europa und auch die Industrie werde miteinbezogen. „Wenn das Projekt so durchgeht, dann schafft es etwas, das es aktuell auch nicht in den USA oder im UK gibt. Das heißt, es wird etwas schaffen, was uns in der EU und global zu Leadern macht“, so Rockenschaub.
(18.02.2025, Text: S. Kálóczi, Bilder: MUI/D. Bullock, INDICATE)