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Symbolfoto Rheuma bei Kindern

Rheuma bei Kindern – Eine unerwartete Diagnose

Etwa 500 Kinder aus Tirol und Südtirol sind in der Innsbrucker Kinderklinik wegen rheumatischer Erkrankungen in Behandlung, bei ca. 300 davon ist das Rheuma chronisch. Mit der Diagnose können viele Eltern nur schwer umgehen, da Rheuma bei Kindern nicht erwartet wird. "Viel Aufklärungsarbeit und Verständnis seitens der ÄrztInnen ist gefordert", weiß der Oberarzt Priv.-Doz. Mag. Dr. Jürgen Brunner zu berichten.

Die häufigste Form von kindlichem Rheuma ist die juvenile idiopathische Arthritis. Es handelt sich dabei um eine chronische Erkrankung, die durch eine dauerhafte Gelenkentzündung bedingt ist. Chronisch bedeutet, dass keine sofortige Heilung, sondern nur eine Besserung der Beschwerden möglich ist. Rheuma ist eine Autoimmunerkrankung, das heißt das Abwehrsystem geht gegen körpereigene Bestandteile vor und reagiert mit Entzündungen.

Rheuma kann in Familien gehäuft auftreten, es handelt sich dabei aber um keine Erbkrankheit. Da Mädchen im Vergleich zu Jungen häufiger von Autoimmunerkrankungen betroffen sind, ist das Verhältnis bei kindlichem Rheuma 2:1. Etwa die Hälfte der PatientInnen verliert die Entzündungsaktivität nach Durchschreiten der Pubertät, man nennt dies ein "Ausbrennen der Erkrankung“. Kinder, die im Erwachsenenalter weiterhin von Rheuma betroffen sind, werden in Zusammenarbeit mit den KollegInnen von der Inneren Medizin VI (Immunologie, Infektiologie und Rheumatologie) betreut und im Rahmen einer Transition schrittweise dieser Abteilung zugeteilt", erklärt Brunner die weitere Vorgehensweise.

Unverständnis oder Erleichterung
Brunner hat beim Feststellen der Diagnose zwei Reaktionen seitens der Eltern erlebt. Die häufigste ist Unverständnis. Die Eltern können nicht verstehen, wie ihre Kinder eine Krankheit bekommen können, die nur bei Erwachsenen erwartet wird. "Hier ist es besonders wichtig, die Familien über die Entstehungsmechanismen aufzuklären und auch gutes Informationsmaterial bereitzustellen, damit sie die Krankheit verstehen."
Die zweite Reaktion ist Erleichterung. Brunner erklärt dies damit, dass die Vorgeschichte bis zur richtigen Diagnose leider immer noch mehrere Jahre dauern kann. Das späte Erkennen liegt daran, dass von Kindern eine rheumatische Erkrankung nicht erwartet wird. Brunner betont, wie wichtig es ist, die Symptome frühzeitig richtig zu deuten, denn "je später kindliches Rheuma erkannt wird, desto schwieriger wird eine erfolgreiche Behandlung."

Wie erkenne ich Rheuma bei meinem Kind?
Es gibt klare Anzeichen für kindliches Rheuma. Plötzliches Fieber, Gelenkschwellungen, Morgensteifheit und Überwärmung einzelner Gelenke sollten Eltern aufhorchen lassen. Es bleibt laut Brunner schwierig, eine Diagnose zu stellen, da sich kindliches Rheuma auch nur durch häufige Augenentzündungen bemerkbar machen kann.
Auch die Kinder selbst reagieren intuitiv auf die Symptome. Kleinkinder die bereits laufen konnten, hören wieder damit auf. Sie ändern ihr Spielverhalten und bewegen sich weniger und vorsichtiger. Die Kinder entwickeln Schonhaltungen, die für sie mit möglichst wenig Schmerzen verbunden sind. Je länger sie diese Gelenkfehlstellungen beibehalten, umso schwieriger wird es, sie wieder zu korrigieren.

Bewegungstherapien und Hausmittel zur Schmerzlinderung
Damit die Schonhaltungen der Kinder nicht zu dauerhaften Fehlstellungen führen, wird die Behandlung durch Ergotherapien und Physiotherapien unterstützt. Sofern die Kinder frei von Entzündungen sind, sollten die Eltern sie zu sportlicher Betätigung animieren. Außerdem kann eine  gesunde Ernährung mit vielen ungesättigten Fettsäuren, Fisch, Früchten und Gemüse die rheumatischen Symptome günstig beeinflussen. Brunner weist aber darauf hin, dass es eine Rheumadiät nicht gibt. "Eltern sollten ihre Kinder nicht kasteien und sie wie gesunde Kinder auch einmal eine Pizza oder Süßigkeiten essen lassen", außerdem rät Brunner zu bekannten Hausmitteln: "Momentan auftretende Schwellungen können sehr gut mit Topfenumschlägen gelindert werden."
Das Ziel ist, die Kinder so zu behandeln, dass sie ein ganz normales Leben führen können, den Kindergarten und die Schule besuchen und ihre Kindheit möglichst unbeschwert ausleben.

"Es muss noch viel getan werden!"
Brunner wünscht sich für die Zukunft mehr finanzielle Unterstützung von den Krankenkassen. "Im umliegenden deutschsprachigen Ausland ist es selbstverständlich, dass die Kosten für Physiotherapien und Ergotherapien übernommen werden. In Österreich hingegen müssen die Eltern fast jede Behandlung selbst bezahlen", erläutert Brunner.
Auch von den Eltern betroffener Kinder erhofft sich Brunner mehr Engagement. "Durch Elterninitiativen kann man auf die Krankheit öffentlich aufmerksam machen und politisch mehr erreichen.

(RED)

- Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie: http://www.agkjr.de/

- Europäische Gesellschaft für kindliches Rheuma:http://www.pres.org.uk/

- PRINTO: http://www.printo.it/pediatric-rheumatology/

- Kinderrheumaambulanz Medizinische Universität Innsbruck: https://www.i-med.ac.at/kinderklinik/klinische_abteilungen/allgem_paed/abt_rheumaambulanz.html

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