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Bolognakonformes Medizinstudium?

Eine mögliche Anpassung des Medizin- und Zahnmedizinstudiums an das Bologna-System war Ende Mai Thema des 8. Curriculumstag der Medizinischen Universität Innsbruck und sorgte für eine angeregte Diskussion. Die jährlich stattfindende Veranstaltung wurde konzeptionell neu gestaltet und fand heuer erstmals in neuem Rahmen statt.

 

Am 29. Mai 2015 wurde im Rahmen dieses neu konzipierten Curriculumstages im CCB das Thema einer Bologna-Anpassung der Studien Humanmedizin und Zahnmedizin erörtert und diskutiert. Im Rahmen eines Impulsreferates präsentierte Dr. Christian Schirlo, Stabsleiter des Dekanates der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich, die Erfahrungen, die in der Schweiz mit der Bologna-Umstellung medizinischer Studien gesammelt wurden.

Bologna-Erfahrungen aus der Schweiz

Die Umstellung aller Studien an Universitäten und Fachhochschulen an das Bologna-Abkommen ab 2007 ging in der Schweiz auf eine Entscheidung der Rektorenkonferenz zurück. Diese umfasste auch alle universitären Medizinalberufe (in der Schweiz: Human-, Zahn- und Veterinärmedizin sowie Pharmazie und Chiropraktik). Die medizinische Dissertation blieb als „spezifisches Doktorat“ grundsätzlich integriert, wird jedoch nicht gleichgestellt mit strukturierten Doktoratsprogrammen. Das bologna-konforme Medizinstudium in der Schweiz gliedert sich nun in ein dreijähriges Bachelorstudium und darauf aufbauend entweder in ein zweijähriges „Master of Dental Medicine“-Studium, ein dreijähriges „Master of Medicine“-Studium oder ein dreijähriges „Master of Chiropractic“-Studium. Das Doktorat bzw. der „Dr. med.“ kann frühestens ein Jahr nach Abschluss des Masterstudiums durch Absolvierung einer eidgenössischen Schlussprüfung (vergleichbar mit einem Staatsexamen), die zur Weiterbildung bzw. zur unselbständigen Berufstätigkeit befähigt, abgeschlossen bzw. erworben werden.
Nach anfänglichen Diskussionen sieht Schirlo heute eine grundsätzliche Akzeptanz des bologna-konformen Studiums für universitäre Medizinalberufe in der Schweiz und betrachtet diese Reform auch als einen generellen Stimulus für curriculare Reformen und Anpassungen. Der Bachelorabschluss ist in der Schweiz als Berufseinstieg irrelevant, die überwiegende Mehrheit der AbsolventInnen schließt ein Masterstudium an. Die Umsetzung der Bologna-Reform erfolgte an den medizinischen Fakultäten in der Schweiz in Hinblick auf die Curricula zum Teil unterschiedlich. Dadurch eröffnen sich für die Universitäten bzw. die medizinischen Fakultäten Möglichkeiten der akademischen Profilbildung, die ihren Ausdruck in Vertiefungstracks, Wahlpflichtmodulen sowie spezialisierten Master- oder Doktoratsprogrammen finden können.

Angeregte Diskussion

Nach einer kurzen Pause starteten die TeilnehmerInnen eine angeregte Diskussion über Sinn, Zweck und Ziel einer möglichen Bologna-Anpassung der Studien Humanmedizin und Zahnmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Kontrovers wurde diese Anpassung vor allem in Zusammenhang mit einer inhaltlichen Überarbeitung der Studien betrachtet: Eine bologna-konforme Gestaltung der medizinischen Studienfächer wäre ohne weitreichende inhaltliche Eingriffe möglich. Doch gerade inhaltliche Neuerungen erscheinen sowohl Lehrenden als auch Studierenden als wichtig und sinnvoll, wenngleich diese mit einem hohen organisatorischen Aufwand und Kostenaufwand verbunden wären. Für die anwesenden Studierenden waren vor allem Fragen nach der Akzeptanz eines bologna-konformen Medizinstudiums bei PatientInnen sowie Berufsmöglichkeiten nach Abschluss eines möglichen Bachelor-Studiums in Human- oder Zahnmedizin von Interesse. Nach dem Schweizer Modell, das nach Absolvierung des Studiums in Form einer eidgenössischen Schlussprüfung eine Art Staatsexamen vorsieht, durch das bei positiver Absolvierung der Titel Dr. med. verliehen wird, wird die Reputation des Medizinstudiums bei PatientInnen und innerhalb des Gesundheitsmarktes nicht eingeschränkt. Die praktischen beruflichen Betätigungsfelder nach Abschluss des Bachelor-Studiums werden hingegen als sehr eingeschränkt betrachtet: Allein durch Absolvierung eines Bachelor-Studiums der Human- oder Zahnmedizin ist es auch im Schweizer Modell nicht möglich, im ärztlichen Bereich tätig zu sein – eine Fortsetzung bzw. ein Abschluss des gesamten Studiums ist für eine ärztliche Tätigkeit nach wie vor notwendig. Dennoch kann Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Peter Loidl einem Bachelor-Abschluss etwas Positives abgewinnen: „Studierende, denen nach dem zweiten oder dritten Studienjahr klar wird, dass ein Medizinstudium doch nicht das Richtige ist, können zumindest mit einem „Bachelor“ abschließen bzw. in ein nicht-medizinisches Masterstudium eintreten. Wer derzeit im zweiten oder dritten Studienjahr das Studium abbricht, trägt oft eine Art Siegel des Scheiterns mit sich. Mit einem abgeschlossenen Bachelor-Studium kann man sich neu orientieren und sich einer individuell passenderen Tätigkeit oder Studium zuwenden.“

Weitere Informationen:

Präsentation Dr. Christian Schirlo: Die Umsetzung der Bologna Reform in den medizinischen Studiengängen in der Schweiz – eine Standortbestimmung (Pdf-Download)

Studium: Humanmedizin an der MUI

Studium: Zahnmedizin an der MUI

(A. Schönherr)

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