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„Distance Teaching“ an der Medizin Uni Innsbruck

Seit Mitte März ist auch an der Medizinischen Universität Innsbruck der reguläre Lehrbetrieb ausgesetzt. Die Lehrenden und etwa 3.300 Studierenden waren somit darauf angewiesen, den Unterricht innerhalb kürzester Zeit auf „Distance Teaching“ und „Distance Learning“ umzustellen. Ein Erfahrungsbericht.

Die Einstellung des regulären Lehrbetriebs, bedingt durch die Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19, ab dem 16. März und die dadurch notwendige Umstellung auf online basierte Lehre, war für die Abteilung Lehr- und Studienorganisation eine Herausforderung, weil die vorhandene Lernplattform ILIAS zum überwiegenden Teil nur zur Bereitstellung von Vorlesungsunterlagen genutzt wurde und keine Möglichkeit bot ‚live‘ zu unterrichten. In dieser Situation erwies es sich von Vorteil, dass die Abteilung Informationstechnologie seit der Besiedelung des neuen Lehr- und Lerngebäudes in der Fritz-Pregl-Straße 3 die Plattform CISCO Webex im Testbetrieb hatte und somit in sehr kurzer Zeit eine Lösung bereitstellen konnte.

Webex gilt seit mehreren Jahren als Marktführer im Bereich der online Kollaboration und bietet unter anderem die Möglichkeit virtuelle Meetings, Events und Trainings mit bis zu 1.000 TeilnehmerInnen abzuhalten. Vortragende können dabei nicht nur ihre eigene Präsentation übertragen, sondern mit diversen Werkzeugen auch Rückmeldungen der ZuhörerInnen einholen und auf diese eingehen. Ein weiteres Modul, Webex Teams, dient der digitalen Kollaboration und ermöglicht es Teams zwischen einzelnen Meetings effektiv zusammenzuarbeiten.

„Ursprünglich war geplant in der 2. Jahreshälfte 2020 allen MitarbeiterInnen und Studierenden in erster Linie Webex Teams als Möglichkeit zur digitalen Kollaboration und Kommunikation anzubieten. Aufgrund des Funktionsumfangs der Plattform waren wir in der Lage rasch eine vollwertige Lösung für die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und Meetings zur Verfügung zu stellen“, meint Christoph Wild, Leiter der Abteilung Informationstechnologie. Aufgrund der Architektur der Plattform und der bereits geleisteten Vorarbeiten konnte dabei trotz des knappen Zeitrahmens eine vollständige und nachhaltige Integration in die vorhandene IT Landschaft erfolgen: So geschieht die Anmeldung zur Webex Plattform über das Webportal der Medizin Uni Innsbruck, alle Inhalte in Webex Teams werden verschlüsselt abgelegt. Alle MitarbeiterInnen und Studierenden verfügen über eine ‚Host‘ Lizenz und können sowohl Webex Teams als auch Webex Meetings uneingeschränkt nutzen. Technische Voraussetzung sind ein Computer mit aktuellem Betriebssystem, Mikrophon, Lautsprecher und Kamera oder ein kompatibles mobiles Endgerät.

Seit Bereitstellung der Plattform kann eine kontinuierliche Zunahme der Nutzung beobachtet werden. Zuletzt wurden pro Tag durchschnittlich rund 110 Meetings und Lehrveranstaltungen über Webex abgehalten, an Spitzentagen gab es insgesamt über 3.500 TeilnehmerInnen. Im Schnitt sind es 2.000 TeilnehmerInnen. Wie bei allen Plattformen waren auch bei Webex zu Beginn der sogenannten "Corona-Krise" Beeinträchtigungen durch die massive Nachfrage – allein im Monat März wurden laut CISCO weltweit mehr als 300 Millionen neue Nutzer registriert – spürbar. Sowohl von Seite des Herstellers als auch der Abteilung Informationstechnologie wird kontinuierlich an einer Erweiterung der Kapazitäten sowie Verbesserung und Optimierung des Service gearbeitet. Unterstützt wird der Einsatz von Webex gemeinsam von den Bereichen Lehr- und Studienorganisation sowie Informationstechnologie, die zu diesem Zweck eigene Teams etabliert haben.

Anwendung in der Praxis

Eine Lehrende, die ihre Vorlesung live über Webex hält, ist Helga Fritsch, Direktorin des Instituts für Funktionelle Anatomie. „Nachdem die Präsenzlehre ausgesetzt wurde, bin ich der Bitte nachgekommen und begann, nach einer Einführung, noch vor Ostern mit meiner Anatomie Online-Vorlesung“, erzählt Helga Fritsch. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hält die Anatomin nun regelmäßig Vorlesungen mit über 300 teilnehmenden Studierenden. „Mit den studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die normalerweise den Hörsaal betreuen, haben wir eine digitale „Technical-Support-Kommunikationsgruppe“ gegründet, um schnell und spontan auch technische Probleme lösen zu können.“ Nach ihren bisherigen Erfahrungen räumt Fritsch ein, dass eine Live-Online-Vorlesung anstrengender ist und mehr Vor- bzw. Nachbereitung benötigt, als eine klassische Vorlesung im Hörsaal. Dennoch ist sie überzeugt, dass ein geregeltes Zeitfenster der Vorlesung wichtig für die Studierenden ist, „denn gerade in Krisenzeiten braucht jeder und jede Struktur.“ Die positive Resonanz der Studierenden scheint ihr Recht zu geben.

Alternatives Format

Diese Erfahrung hat auch Lukas Huber, Leiter des Instituts für Zellbiologie an der Medizin Uni Innsbruck, gemacht. Gemeinsam mit David Teis, ebenfalls vom Institut für Zellbiologie und Michael Hess vom Institut für Histologie und Embryologie, wird eine Zellbiologie-Online-Vorlesung für Studierende der Humanmedizin angeboten. Allerdings verwenden die drei Lehrenden dabei mit Youtube ein anderes, durchaus bekanntes und populäres Medium. Der Youtube-Kanal von Lukas Huber ist öffentlich jederzeit zugänglich. So wird dieses Angebot auch von zahlreichen externen ZuhörerInnen genutzt. „Die Resonanz ist enorm und wir haben insgesamt bereits über 15.000 Zugriffe auf den Kanal“, zeigt sich der Mediziner und Zellbiologe Huber von dieser neuen Erfahrung beeindruckt. Aber auch er musste zu Beginn die neue Art des Lehrens erlernen. Mittlerweile begeistert der Live-Stream nicht nur ihn, sondern vor allem seine Studierenden: „Diese Generation hat offenbar einen völlig anderen Zugang zu Online-Medien und dieser Art der Kommunikation“, meint Huber. Die Interaktion der Studierenden sei dabei von mehr Aktivität als bei einer analogen Vorlesung geprägt.

Andere Lehrformate

Nicht jedes Lehrformat ist für eine Online-Version geeignet. Gerade in einem medizinischen Studium ist Präsenz in vielen Bereichen, seien es Sezierkurse oder Praktika, unumgänglich. „Bei einigen Praktika, wie beispielsweise dem Physiologie-Praktikum und speziellen Praktika in der Molekularen Medizin, werden wir von der Möglichkeit Gebrauch machen, auch während der Sommermonate Lehrbetrieb zu fahren, was jetzt aufgrund der geänderten gesetzlichen Grundlagen ermöglicht wurde“, meint Peter Loidl, Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten.  Praktika, bei denen es möglich ist, sollen aber in einer Onlineversion stattfinden.

Insgesamt ist der Vizerektor überrascht, wie rasch und effizient der Umstieg auf distance-teaching geklappt hat: „Wenn man bedenkt, dass diese Form des Lehrens und Lernens bis vor wenigen Wochen an unserer Universität keine Rolle gespielt hat, ist es doch beeindruckend, wie schnell sich einige KollegInnen auf dieses Format umgestellt haben; deren Ergebnisse können sich sehen lassen! Und auch die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen, die für die Organisation verantwortlich sind, ist beispielhaft!“

Die aktuelle COVID-19-Krise erweist sich an der Medizinischen Universität Innsbruck als Katalysator für neue Herangehensweisen und Veränderungen in der Lehre. Helga Fritsch fasst ihre Erfahrung zusammen: „Das was wir bisher nicht verfolgten, nämlich die digitale Lehre, spielt sich gut ein. Die Erfahrungen werden zeigen, wo sie langfristig angesiedelt wird. Sicher muss man den Lehrenden, wenn digitale Lehre langfristig Platz finden soll, Zeit geben zur fundierten Vorbereitung und es gilt, auch sonstige rechtliche Dinge gänzlich abzuklären. Als Überbrückung für die Krise war die Erfahrung gut.“

 

Links:

Informationen zur Nutzung von Webex: https://wiki.i-med.ac.at/display/ITSUPPORT/CISCO+Webex

YouTube Channel Lukas A. Huber: https://www.youtube.com/channel/UCJ-aZQ0CtFBw0t659BYlZMA

 Kreativer Input von Studierenden zur digitalen Vorlesung „Zellbiologie für MedizinerInnen“: https://www.youtube.com/watch?v=YEWE9gk8xbg&list=PLB_TqS9KF7jk1_BmpL5oN8MkG6tkZwZKD

(20.04.2020; D. Bullock, Ch. Wild; Fotos: Screenshot Webex, Fritsch privat, Screenshots Youtube)

 

 

 

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