Ausgezeichnete Prostatakarzinom-Forschung
Die Tumormikroumgebung findet als Quelle neuer Biomarker und als therapeutisches Target in der Krebsbekämpfung immer mehr Beachtung. Auch die Urologin Isabel Heidegger-Pircher hat sich mit ihrem interdisziplinären Team zunehmend auf die Umgebung des Prostatakarzinoms fokussiert und wichtige neue Erkenntnisse gewinnen können.
Das Prostatakarzinom ist trotz wichtiger Therapiefortschritte in den letzten Jahren immer noch die führende Tumorentität bei Männern und stellt eine der häufigsten Todesursachen dar. Jährlich erkranken in Tirol etwa 600 Patienten neu an dieser Krankheit. In rund 90 Prozent der Fälle wird die Erkrankung entdeckt, bevor sie sich ausbreiten kann. „Besonders aggressive Tumoren gilt es, möglichst früh zu erkennen und personalisiert zu behandeln“, weiß Isabel Heidegger-Pircher, die an der Univ.-Klinik für Urologie (Direktor: Wolfgang Horninger) tätig ist und Anfang des Jahres zur Professorin für „Translationale Prostatakarzinomtherapie“ berufen wurde. Die klinische und präklinische Forschung vor allem zum metastasierten Prostatakarzinom begleiten sie seit mehr als zehn Jahren.
In einer im anerkannten Fachmagazin Molecular Cancer veröffentlichten Forschungsarbeit gelang es der Urologin gemeinsam mit OnkologInnen der Univ.-Klinik für Innere Medizin V (Direktor: Dominik Wolf) und BioinformatikerInnen des Innsbrucker Biocenters (Direktor: Zlatko Trajanoski) sowie KollegInnen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden, neue Angriffspunkte für die Therapie des Prostatakarzinoms zu identifizieren. Mit neuartigen Verfahren wurde nicht nur Krebsgewebe untersucht, sondern vor allem die Umgebung des Tumors hochauflösend charakterisiert. Dafür wurde aus 67 frischen Gewebeproben nach radikaler Prostatektomie Tumorendothelzellen isoliert und verschiedenen Untersuchungen unterzogen; bei vier Prostatakarzinom-Patienten wurde zudem eine Einzelzell-RNA-Sequenzierung (scRNA-seq) durchgeführt, um Zell-Zell-Interaktionsziele zu identifizieren und ein detailliertes Tumorprofil erstellen zu können.
Mithilfe tiefgehender bioinformatischer Analysen konnten die Forschenden nachweisen, dass die Krebszellen mit ihrer Umgebung kommunizieren, aber auch umgekehrt. „Unsere Vision ist es, die Mikroumgebung der Tumorzellen zu beeinflussen und die eigene Kraft des Körpers anzuregen, um den Tumor praktisch angreifbar zu machen. Noch gibt es beim Prostatakarzinom aber hinsichtlich Tumormikroumgebung viel Aufholbedarf“, betont Heidegger Pircher.
Für die wegweisenden Erkenntnisse aus dieser Forschungsarbeit wurde Isabel Heidegger-Pircher im Rahmen des 74. DGU-Kongresses in Hamburg im Herbst mit dem Maximilian Nitze-Preis, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V, prämiert. Die Relevanz der Erkenntnisse wird auch dadurch unterstrichen, dass die Urologin vergangene Woche von der hoch renommierten Alken Stiftung ausgezeichnet und auch in die Stiftung aufgenommen wurde. Die 1975 von drei deutschen und zwei Schweizer urologischen Hochschullehrern gegründete C. E. Alken-Stiftung fördert klinische und experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Urologie, indem sie jährlich exzellente deutschsprachiger WissenschafterInnen und KlinikerInnen aus dem Feld der Urologie zum Vortrag einlädt und einen Preis für herausragende wissenschaftliche Arbeiten verleiht.
(07.12.2022, Text: D. Heidegger, Bild: © Alken-Stiftung / Andrea Kiesendahl)
Links:
Comprehensive characterization of the prostate tumor microenvironment identifies CXCR4/CXCL12 crosstalk as a novel antiangiogenic therapeutic target in prostate cancer. Heidegger et al. https://doi.org/10.1186/s12943-022-01597-7
Univ.-Klinik für Innere Medizin V