„Nicht nur in den letzten Tagen“: Heilkunst und Wissenschaft für ein gutes Lebensende
Aktuelle Studien zeigen, dass Menschen immer älter werden, aber auch länger krank sind. Daher steigt der Bedarf an Palliativmedizin. Ziel einer modernen palliativmedizinischen Versorgung ist es, möglichst früh zu beginnen, die Lebensqualität von Menschen mit schweren Erkrankungen und deren Angehörigen zu verbessern. Erstmals fand an der Medizin Uni Innsbruck auf Einladung von Rektor Wolfgang Fleischhacker eine Tagung dazu statt. Über 100 ExpertInnen nahmen teil.
Die Palliativmedizin beschäftigt sich mit der Behandlung von PatientInnen, die schwer krank sind. Ziel ist es, die Lebensqualität zu verbessern, indem Symptome wie Schmerzen, Übelkeit, Atemnot oder Angst reduziert werden. Die medikamentöse Therapie ist aber nur ein Teil: Palliativmedizin ist ein interdisziplinärer Bereich, in dem verschiedene Berufsgruppen und Fachrichtungen im Team miteinander arbeiten. Eine gute Vernetzung ist dementsprechend wichtig, dazu sollte die Tagung unter Federführung der Medizinischen Universität Innsbruck beitragen. Auf Einladung von Rektor Wolfgang Fleischhacker kamen über 100 lokale und internationale ExpertInnen zusammen, um sich über den aktuellen Forschungsstand auszutauschen. „An der Medizinischen Universität Innsbruck beschäftigen sich bereits viele Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen mit Palliativmedizin und auch im Lehrplan ist das Fach verankert. Mit der Tagung möchten wir diese Leistungen sichtbar machen und die Palliativmedizin in Tirol weiter stärken“, erklärte Rektor Wolfgang Fleischhacker. Neben der Lehre und der PatientInnenversorgung sei es wichtig, dass es in Tirol auch mehr Forschungsarbeiten in diesem Bereich gibt.
„Die Palliativmedizin spielt eine bedeutende Rolle bei der Begleitung von schwer kranken Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Es geht dabei nicht nur um die Linderung von körperlichen und psychischen Leiden, sondern vor allem auch um die Erhaltung einer bestmöglichen Lebensqualität für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Speziell im Bereich der chronischen Erkrankungen werden die Herausforderungen mehr werden – darauf müssen wir mit neuen, innovativen Pflege- und Behandlungsmodellen reagieren, um im Bereich der Palliativmedizin auch weiterhin eine umfassende und wohnortnahe Versorgung gewährleisten zu können,“ erklärte Landesrätin Hagele.
In Tirol arbeiten viele verschiedene Institutionen und Partner an der Hospiz- und Palliativversorgung. Dem Land Tirol ist die Stärkung der Palliativmedizin ebenfalls ein großes Anliegen, betonte Landesrätin Cornelia Hagele, die die Tagung an der Medizin Uni Innsbruck gemeinsam mit der Universitätsratsvorsitzenden der Medizinischen Universität Innsbruck Elisabeth Zanon eröffnete. „Die Themen Tod und Sterben sowie der oft schmerzvolle und belastende Weg dorthin werden in unserer Gesellschaft oft noch immer als Tabu behandelt. Umso wichtiger ist es, dass Menschen, die schwerkranke Patientinnen und Patienten auf ihrem letzten Weg begleiten, darüber sprechen wie es ist, bis zum Tod dabei zu sein, welche Ängste die Betroffenen entwickeln und wie man Sterbende am besten unterstützen kann,“ sagte Hagele. Auch die Vorsitzende des Universitätsrats Elisabeth Zanon unterstrich die Bedeutung der Palliativmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. „Die Palliativmedizin spielt in der Forschung und Lehre eine zunehmend wichtigere Rolle. Es braucht qualitative Forschung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und eine enge Kooperation mit der Tiroler Hospizgemeinschaft“, meinte Zanon.
Frühe Integration der Palliativmedizin ist wichtiges Ziel
„Palliativmedizin spielt nicht nur in den letzten Tagen im Leben eines Menschen eine Rolle. Wir müssen viel früher bei unseren Patientinnen und Patienten daran denken, schließlich geht es auch um die Lebensqualität von Menschen mit einer chronischen Erkrankung“, erklärte Barbara Sperner-Unterweger. Die Direktorin der Univ.-Klinik für Psychiatrie II war eine der TeilnehmerInnen der Tagung „Heilkunst und Wissenschaft für ein gutes Lebensende“ an der Medizin Uni Innsbruck. „Early integration“, also die frühe Einbindung der Palliativmedizin in die Behandlung von PatientInnen mit schweren Erkrankungen, ist eine aktuelle Forderung von ExpertInnen. „Wichtig ist, dass Patientinnen und Patienten gut aufgeklärt sind. Mit palliativmedizinischer Unterstützung können die Betroffenen häufig noch längere Zeit gut leben“, sagte Walpurga Weyrer, die geschäftsführende Oberärztin des Comprehensive Cancer Center Innsbruck (CCCI). Wichtig sei, dass es für Palliativmedizin ein gutes Ausbildungskonzept gibt. „Rund 20 Prozent der Patientinnen und Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen brauchen eine Behandlung durch Expertinnen und Experten mit einer spezifischen Ausbildung.“
Zum Abschluss der Tagung fand eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunftsperspektiven der Palliativmedizin in Tirol“ statt. Die Moderation übernahm Elisabeth Medicus (Innsbruck). Mit ihr diskutierten Claudia Bausewein (LMU München), Andrea Knoflach-Gabis (Tiroler Hospizgemeinschaft), Barbara Sperner-Unterweger (Direktorin Univ.-Klinik für Psychiatrie II), Ulrike van Appeldorn (Land Tirol), Dietmar Weixler (Präsident Österreichische Palliativ Gesellschaft) und Dominik Wolf (Direktor Univ.-Klinik für Innere V).
Webseite zur Tagung:
https://www.i-med.ac.at/events/palliativmedizin.html
(Text/Foto: HOF, 16.05.2023)