Abschied mit Blick nach vorn
„Ich wusste schon immer, was ich wollte“, meinte Helga Fritsch vor einigen Jahren in einem Interview. Damals war sie Leiterin des Departments für Anatomie, Histologie und Embryologie und wusste noch nicht, dass sie einmal als erste Frau an der Spitze einer Medizinischen Universität in Österreich stehen würde. Vergangene Woche wurde die zielstrebige Rheinländerin im Rahmen einer kleinen, aber feinen Feier verabschiedet.
Der Einladung von Marko Konschake, interim. Direktor des Instituts für Klinisch-Funktionelle Anatomie, am 7. Dezember 2023 in das Anatomische Museum waren zahlreiche WegbegleiterInnen, KollegInnen und MitarbeiterInnen gefolgt. Anlass war die Verabschiedung von Helga Fritsch, die mit ihrer Berufung als Ordentliche Professorin 1998 die Nachfolge von Werner Platzer angetreten hatte.
Vizerektor Wolfgang Prodinger sprach der scheidenden Professorin im Namen des gesamten Rektorats großen Dank für ihre Leistungen aus und erinnerte an ihr maßgebliches Engagement bei der Gestaltung und Umsetzung des neuen Studienplans und dass sie „von Beginn an besonderes Interesse für die Lehre“ gezeigt habe. Das spiegelt sich nicht zuletzt in ihrer wiederholten Wahl zur „Prof of the Term“ wider, aber auch in der Auszeichnung mit dem „Ars Docendi", dem österreichischen Staatspreis für exzellente hochschulische Lehre, den Helga Fritsch mit zwei ihrer Mitarbeiter in der Kategorie "Lernergebnisorientierte Lehr- und Prüfungskultur und deren Verankerung in der Lehrveranstaltung“ 2022 erhielt.
Im Rückblick auf Helga Fritschs Wirken hob Prodinger unter anderem auch die Renovierung des Anatomiegebäudes samt Aufbau eines modernen Labors und Eröffnung des Lernstudios Anatomie hervor. Er verwies ebenso auf die in ihrer Amtszeit als Rektorin von 2013 bis 2017 „mit Durchhaltevermögen bewältigten“ Herausforderungen, wie etwa die Umsetzung des novellierten Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (KA-AZG), die Verabschiedung einer neuen Habilitationsordnung oder die Erwerbung der Mittel für den Umbau des Lehr- und Verwaltungsgebäudes in der Fritz-Pregl-Straße – immerhin 38 Millionen Euro – , dessen gesamte Planung Helga Fritsch begleitet hatte.
Festrednerin Cornelia Lass-Flörl, Direktorin des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, fand in ihrer Ansprache durchaus liebenswerte Worte: „Ich habe Helga Fritsch als faire Chefin, wertvolle Kollegin und gute Freundin erlebt und sie für ihren Mut, mit zwei kleinen Kindern im Gepäck eine Professur samt Institut zu übernehmen, bewundert.“ Helga Fritsch sei wichtig für das gesamte Fach Anatomie, Histologie und Embryologie gewesen, habe sich bei der Ausgliederung der Medizinischen Universität Innsbruck gleich im Gründungskonvent engagiert, sich für Chancengleichheit bei Studierenden wie bei Frauen besonders eingesetzt und habe in der eigenen Forschungsarbeit zahlreiche Beiträge geliefert, was ihr unter anderem auch den renommierten Eugen-Rehfisch-Preis eingebracht habe. Auch in ihrer Amtszeit als Leiterin der Medizin Uni Innsbruck sei sie stets „eine Rektorin für alle“ gewesen. Auf die Interview-Frage, was sie im Nachhinein anders gemacht hätte, hätte Helga Fritsch die bemerkenswerte Antwort gegeben: „Meine Devise war immer: Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“
Festrednerin Lass-Flörl gab auch Anekdotisches zum Besten und erzählte von einem Skitag auf Einladung des damaligen Landeshauptmanns Günther Platter. Damals hätte es Helga Fritsch vermocht, Ski affine Regierungs- und Rektoratsmitglieder mit ihren Fahrkünsten auf schwarzen Pisten zu überzeugen. Die sportliche Anatomin spiele außerdem gut und gerne Golf und liebe weite Reisen. Davon berichtete auch ÖH-Vorsitzender Emil Futter. „Ein solches Reisebild von Professorin Helga Fritsch war das erste, das ich bei der ersten Vorlesung im ersten Semester im Fach Anatomie zu sehen bekam“, erzählte Futter über die Lehrende Helga Fritsch, die sich durch Fairness und Freundlichkeit, aber durchaus auch Konfrontationsbereitschaft ausgezeichnet hätte. Eine von Studierenden verfasste und von Marko Konschake vorgetragene „Sezierkurs-Rhapsody“ bildete den Abschluss des offiziellen Teils.
Helga Fritsch zeigte sich gerührt und schilderte die vergangenen Jahre als „traumhaft schöne Zeit“, in der sie sie das richtige Fach und den richtigen Beruf gewählt habe. Dank ihrer Familie, die noch immer zusammen sei, könne sie ihre Devise, immer mit Freude nach vorn zu blicken, treu bleiben. Dann wurde Helga Fritsch doch ein wenig von Wehmut eingeholt: „Die jungen Leute werden mir am meisten abgehen“.
Steckbrief:
Helga Fritsch wurde 1957 in Troisdorf (NRW, Deutschland) geboren, maturierte in Siegburg und studierte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn Humanmedizin. 1991 habilitierte sie sich für das gesamte Fach Anatomie an der Medizinischen Universität zu Lübeck. 1998 wurde sie als Ordentliche Universitätsprofessorin an das Institut für Anatomie, Histologie und Embryologie der Universität Innsbruck berufen und war mit der Neugründung der Medizinischen Universität Innsbruck von 2004 bis 2013 Geschäftsführende Direktorin des Departments für Anatomie, Histologie und Embryologie sowie Direktorin der Division Klinisch Funktionelle Anatomie. Helga Fritsch war von 2003 bis 2005 Vizerektorin für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck und von 2012 bis 3013 Vizerektorin für Personal, Personalentwicklung und Gleichbehandlung. Von 2013 bis 2017 war Helga Fritsch Rektorin der Medizinischen Universität Innsbruck gewählt und damit die erste Frau an der Spitze einer Medizinischen Universität in Österreich.(11.12.2023, Text: D. Heidegger, Bild: D. Bullock)
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