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Brigitta Zollner Preis 2023 für Ines Schoberleitner

Die Molekularbiologin Ines Schoberleitner forscht an der Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie an der Verträglichkeit von Silikon-Brustimplantaten. Für eine bedeutsame Grundlagenarbeit, die im Fachjournal Biomolecules veröffentlicht wurde, wurde sie am 12. Dezember 2023 an der Medizinischen Universität Innsbruck mit dem Brigitta Zollner Preis ausgezeichnet.

„Frauen unterstützen Frauen“, sagte Brigitta Zollner, Ehrensenatorin der Medizinischen Universität Innsbruck, zu Ines Schoberleitner. Nicht nur, dass die Molekularbiologin an jenem Abend im Dezember im Beisein der Stifterin den Preis der Brigitta Zollner Stiftung für 2023 entgegennehmen durfte. Die Ergebnisse ihrer ausgezeichneten Forschungsarbeit kommen vielen Frauen, die an der Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (interim. Direktor: Anton Schwabegger) in Behandlung sind, direkt zugute.

Im Rahmen der Studie “Quantitative Proteomic Characterization of Foreign Body Response towards Silicon Breast Implants Identifies Chronological Disease-Relevant Biomarker Dynamics”, die im Fachjournal Biomolecules veröffentlicht wurde, hat sich ein Team der Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie um Projektleiterin Dolores Wolfram und Erstautorin Ines Schoberleitner mit der Verträglichkeit von Brustimplantaten beschäftigt. Dafür untersuchte es in Echtzeit die Reaktionen auf zwei Typen von Silikonimplantaten mit jeweils unterschiedlicher Oberflächen-Textur.

Silikon-Brustimplantate kommen im Zuge des Eingriffs immer in Kontakt mit Proteinen und Immunzellen, eine Aktivierung und Immunmodulation wird ausgelöst. Kollagene und extrazelluläre Matrixkomponenten häufen sich an, was zu einer Vernarbung (Fibrose) und damit einhergehend der Verkapselung des Implantats führt. Bei etwa jeder zehnten Patientin entsteht in der Folge jedoch eine so genannte Kapselkontraktur: „Je intensiver die Implantat-gerichtete Fremd-Körper-Reaktion, desto dicker die Verkapselung. Diese kann sich zusammenziehen, das Implantat verschieben und der Patientin massive Schmerzen bereiten“, erklärt Schoberleitner die häufigste Komplikation, die nach dem Einsetzen eines Silikon-Brustimplantats auftreten kann. Betroffene müssten sich mitunter mehreren Folgeoperationen unterziehen, was - vor allem für Brustkrebspatientinnen – zusätzlich belastend sei.

In das Projekt wurden Frauen einbezogen, die sich aufgrund ihres hohen Brustkrebs-Risikos zu einer vorbeugenden Mastektomie und gleichzeitiger Rekonstruktion mit Brustimplantat entschlossen hatten. Die ForscherInnen haben sich zum einen die generelle Immunantwort des Körpers gegen die Implantate und zum anderen spezifisch die Immunoreaktivität der Oberflächenstruktur (Rauheit und Topografien) der Silikonimplantate angeschaut. „Mittels Massenspektrometrie visualisierten wir die akute Entzündungsphase in der Wundflüssigkeit, die in den ersten fünf Tagen post-OP in der Wundhöhle rund um das Implantat gebildet wird. Sechs bis acht Monate später analysierten wir die Proteinadsorption auf dem Implantat.“ Serum-, Wundflüssigkeits- und Implantat-anhaftendes Proteom wurden auf diese Weise umfassend charakterisiert, um herauszufiltern, zu welchem Grad die Probandinnen die Fibrose entwickelten.

Obwohl pandemiebedingt lediglich zehn Patientinnen rekrutiert werden konnten, ist es den ForscherInnen gelungen, „hochsignifikante Ergebnisse zu erzielen“, schildert Schoberleitner. So habe sich unmittelbar nach der Implantation eine massive antimikrobielle Aktivität und ein komplexes Inflammasom gezeigt, welches nach sechs Monaten auch anhaftend am Implantat festgestellt werden konnte. „Dies deutet auf eine mikrobielle Besiedlung und die Bildung von Biofilmen als potenzieller Auslöser für die Fremdkörperreaktion hin. Das heißt: Nach sechs Monaten sieht man eine chronische Reaktion, die Kapsel würde immer dicker werden. Implantate mit geringer Oberflächentexturierung beeinflussen die Kapselbildung positiv - wir sehen eine dünnere Kapsel.“ Zusätzlich habe die Studie eine Reihe potentieller früher Marker sowie potentielle Langzeitmarker mit hoher diagnostischer Genauigkeit aufgezeigt und Informationen über verschiedene Proteine in der Wundflüssigkeit nach Implantation geliefert. All diese Daten könnten künftig für die Entwicklung von Therapien herangezogen werden, um das Fortschreiten der Kapselfibrose zu stoppen. Was Ines Schoberleitner besonders freut: Die Studienergebnisse haben bereits zu unmittelbaren Konsequenzen an der Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie geführt. „Es hat sich auch herausgestellt, dass die titanisierten Propylennetze, mit denen Implantate fixiert werden, immunoreaktiv sind. Diese wurden ebenfalls aus dem Setting genommen. Derzeit werden andere Materialien getestet.“

Ines Schoberleitner ist als Postdoc im Team von Dolores Wolfram an der Klinik tätig. Bevor sie nach Österreich kam, hatte sie in Slowenien begonnen Medizin, Biologie und Politologie zu studieren. Nach der Geburt ihres Kindes setzte sie das Biologiestudium in Innsbruck fort und absolvierte einen Master in Molekulare Zell- und Entwicklungsbiologie. Ihre Doktorarbeit schrieb sie am Institut für Molekularbiologie der Medizinischen Universität Innsbruck im Labor von Alexandra Lusser. „Es ist sehr schön, am BrustGesundheitZentrum Tirol für eine molekulare Arbeit anerkannt zu werden. Ich habe mit Fruchtfliegen und mit Mäusen geforscht, jetzt kann ich den Patientinnen direkt etwas zurückgeben“, sagt sie und streicht damit die Bedeutung der Grundlagenforschung für die Medizin hervor. Der mit 5000 Euro dotierte Brigitta Zollner Preis sei nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung ihrer persönlichen Leistungen, sondern für die Arbeit des ganzen Teams. „Wir fühlen uns als ganzes Team bestätigt und sind motiviert, in Richtung Materialforschung, Biofilmforschung und Implantatimmunologie weiterzuforschen.“ Infolge der nun ausgezeichneten Publikation hat ihre Arbeitsgruppe bereits weitere wissenschaftliche Arbeiten zu den im Rahmen der Studie erhobenen klinischen Parametern veröffentlicht, eine weitere Publikation zur Mikrobiomuntersuchung ist derzeit in Vorbereitung.

An der mit dem Brigitta Zollner Preis ausgezeichneten Publikation waren folgende Kooperationspartner maßgeblich beteiligt:
Protein Core Facility, Institut für Medizinische Biochemie (Priv. Doz. Dr. Klaus Faserl, Priv. Doz. Dr.in Bettina Sag)
Univ. Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe (OA Dr. Daniel Egle und OÄ Dr.in Christine Brunner)

Forschungsarbeit: 
Schoberleitner, I.; Faserl, K.; Sarg, B.; Egle, D.; Brunner, C.; Wolfram, D. Quantitative Proteomic Characterization of Foreign Body Response towards Silicone Breast Implants Identifies Chronological Disease-Relevant Biomarker Dynamics. Biomolecules 202313, 305. https://doi.org/10.3390/biom13020305

(Innsbruck, am 6. Februar 2024, Text: T. Mair, Foto: MUI/D. Bullock)

Weitere Links:
"Frauen sollen sich wieder vollkommen fühlen" - Interview mit Ines Schoberleitner anlässlich des Weltkrebstags in der Tiroler Tageszeitung (4.2.2024)
Informationen zur Ausschreibung des Preises der Brigitta Zollner Stiftung an der Medizinischen Universität Innsbruck
Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie Innsbruck

 

 

 

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