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Molekularbiologin Galina Apostolova erhielt Prof. Ernst Brandl Preis

Eine Forschungsarbeit von WissenschafterInnen der Med Uni Innsbruck über die Bedeutung des Proteins SATB2 für die Denkfähigkeit und Intelligenz hat Ende Jänner 2024 große mediale Aufmerksamkeit erregt. Galina Apostolova ist für diese wissenschaftliche Leistung am 10. Juni 2024 im Rathaus Schwaz in festlichem Rahmen mit dem Prof. Ernst Brandl Preis ausgezeichnet worden.

Es mag vielleicht daran liegen, dass Paracelsus so lange in Schwaz gearbeitet und gewirkt hat, dass der Forschungsgeist hier so gelebt wird“, sagte Vizerektorin Christine Bandtlow anerkennend und freute sich bei der Verleihung des 34. Forschungspreises der Prof. Ernst Brandl-Stiftung über das feierliche Ambiente umrahmt von Gitarrenklängen (Landesmusikschule Schwaz), das die Gastgeberin der Veranstaltung, Bürgermeisterin Victoria Weber, geschaffen hat. Bandtlow bedankte sich bei Monika Brandl-Knapp, der Witwe des Stifters und beim Stiftungsvorsitzenden, Bezirkshauptmann Michael Brandl, der für die Anwesenden Leben und Werk von Ernst Brandl nachzeichnete, für die Förderung von ForscherInnen und Wissenschaft: „Forschung hat nicht nur sehr viel mit Liebe und Kraft zu tun. Es braucht auch viel Durchhaltevermögen. Umso wichtiger sind Preise für die Forschenden, dadurch erhalten sie Anerkennung und ihre Leistungen werden nach außen sichtbar“, sagte sie – und in Richtung der Preisträgerin: „Als Neurowissenschafterin freue ich mich, dass der Preis an eine Neurowissenschafterin geht.  Galina Apostolovas Arbeit ist herausragend und sehr zukunftsorientiert. Sie dient im Sinne Ernst Brandls der Menschheit.“

Dies betonte auch Georg Dechant, Direktor des Instituts für Neurowissenschaften an der Medizinischen Universität Innsbruck in seiner Laudatio: „Es ist bemerkenswert, dass dieser Preis nun zum ersten Mal an eine Neurowissenschafterin überreicht wird. Das bestätigt die Bedeutung der Neurowissenschaften in unserem Zeitalter.“

Das Eiweiß SATB2 beschäftigt die ForscherInnen an Dechants Institut bereits seit geraumer Zeit und Galina Apostolova war von Anfang an dabei: Zunächst arbeitete das Team an einem Modell des peripheren Nervensystems, in dem es Neuronen des Sympathikus-Nervs untersuchte. Dabei stieß es auf SATB2, dessen (Über-)Expression einen Neurotransmitter-Switch, also den Wechsel zwischen den Botenstoffen Acetylcholin und Noradrenalin auslösen konnte. „Es war für uns faszinierend zu sehen, dass dieses Protein die Power hat, ein breites genetisches Regelwerk zu beeinflussen. Wir haben uns dann entschieden, die molekularen Mechanismen und Funktionen von SATB2 im Zentralnervensystem zu untersuchen“, schilderte Apostolova.

Die Molekularbiologin, die sich mit Georg Dechant die Seniorautorschaft an der Veröffentlichung im Fachjournal Molecular Cell teilt, zeichnet für die Konzeption des nun ausgezeichneten Forschungsprojekts verantwortlich. Sie beteiligte sich an Analysen und schrieb an der Publikation mit, die bemerkenswerte Ergebnisse hervorbrachte: Die WissenschafterInnen konnten zeigen, dass das SATB2-Protein den spezifischen 3D-Aufbau der DNA-Struktur dirigiert und direkten Einfluss auf die Aktivität von Hunderten für die Intelligenz verantwortliche Gene hat. Fehlt es, verändert sich die 3D-Anordnung der für die Intelligenz wichtigen Gene. „Bei einer Mutation des SATB2 Gens sinkt der Intelligenzquotient auf weniger als 40“, erklärte die Preisträgerin. Den ForscherInnen ist es im Zuge des Projekts außerdem gelungen, nachzuweisen, dass SATB2 die 3D-Struktur von spezifischen Genregionen verändert, deren Sequenz mit dem Risiko für neuropsychiatrische Erkrankungen wie Demenz oder Schizophrenie in Verbindung gebracht wird.

In diese Richtung will die Preisträgerin auch künftig weiterforschen und sich mit den Reparaturmechanismen bei DNA-Doppelstrangbrüchen in Nervenzellen beschäftigen. „Neuronen gehören zu den verwundbarsten Zellen unseres Körpers. Wir haben sie von Geburt an bis zum Tod, sie vermehren sich nicht. Über das Leben hinweg ist ihre DNA jedoch vielen chemischen Prozessen ausgesetzt, die DNA-Doppelstrangbrüche verursachen können. Diese werden im Normalfall repariert. Wenn dabei aber etwas schiefgeht – so ist die Vermutung – könnte dies zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer führen“, erklärt Apostolova. Über die DNA-Reparatur in Neuronen ist bisher wenig bekannt. Die Forscherin verfolgt die Hypothese, dass dem Protein SATB2 auch in diesen Prozessen eine herausragende Rolle zukommen könnte.

Die Preisträgerin

Galina Apostolova hat in Bulgarien Molekularbiologie studiert und ist seit 2003 am Institut für Neurowissenschaften der Medizinischen Universität Innsbruck beschäftigt, wo sie mittlerweile auf einer Laufbahnstelle als Assistenzprofessorin tätig ist. In ihrer Zeit als Post-Doc beschäftigte sie sich zunächst mit Mechanismen der Genregulation, Chromatinstruktur und -anordnung. Ein Auslandsaufenthalt führte sie in dieser Zeit nach Schweden, wo sie sich mit Technologien für genomweite Untersuchungen von Genexpression und Transkriptom-Analysen befasste. Zurück in Innsbruck konzentrierte sie sich auf das damals aufkommende Next Generation Sequencing bevor sie sich der Erforschung des Eiweißes SATB2 im Nervensystem widmete.

Prof. Ernst Brandl Preis

Der mit 4.000 Euro dotierte Wissenschaftspreis der Prof. Ernst Brandl-Stiftung wird abwechselnd für herausragende Forschungsarbeiten aus dem Bereich der Medizinischen Universität Innsbruck sowie der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck vergeben. Der Wissenschaftspreis richtet sich vor allem an Arbeiten im Bereich der Life Sciences, die das Wohlergehen der Menschheit zum Ziel haben, einen umweltschonenden Umgang mit Ressourcen ermöglichen, die Ernährung für Menschen und Tiere sicherstellen oder die Lösung von Umweltproblemen beinhalten. Die Stiftung geht zurück auf den 1997 verstorbenen Professor Ernst Brandl, der 1952 gemeinsam mit Dr. Hans Margreiter säurestabiles Penicillin entwickelt hat. Dieser Fortschritt ermöglichte erstmals die Verabreichung von Antibiotika als Tabletten oder Sirup.

Forschungsarbeit: Wahl et al., SATB2 organizes the 3D genome architecture of cognition in cortical neurons, Molecular Cell (2024), https://doi.org/10.1016/j.molcel.2023.12.024 

Die bisherigen Preisträger des Prof.-Ernst Brandl-Preises
festgehalten auf einer Tafel im Rathaus Schwaz (Foto: MUI/B. Hoffmann-Ammann)

(Innsbruck, 11. Juni 2024, Text und Fotos: T. Mair)

Weitere Links:
Protein SATB2 entscheidet über Intelligenz (mypoint-Bericht über die Forschungsarbeit)
Institut für Neurowissenschaften
Prof. Ernst Brandl Preis (Ausschreibung)

 

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