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Entspannung kann man lernen: Med-Uni Mitarbeiter Harald Hörmann

Loslassen ist das große Thema von Harald Hörmann. An der Med Uni Innsbruck arbeitet er therapeutisch mit mentaler Entspannung und gibt sein Wissen über Meditation und Entspannungstechniken weiter. Für sich persönlich hat der Innsbrucker mentale Entspannungstechniken schon im Studium entdeckt – gerade nach seiner Querschnittlähmung habe ihm das sehr geholfen, ebenso als begeisterter Spitzensportler. Seine jahrzehntelange Erfahrung bringt Hörmann an der Univ.-Klinik für Psychiatrie II ein.

„Ich bin persönlich ein sehr aktiver Mensch und habe immer etwas zu tun, die Gelassenheit hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt“, sagt Harald Hörmann über sich selbst. Er befasst sich seit fast vierzig Jahren mit Entspannungstechniken und verwendet diese im Leistungssport, in der Lehre und mittlerweile seit vielen Jahren vor allem im PatientInnenkontakt. „Ein Weg zur Entspannung liegt in der Reduktion von Gedanken, was zu einer Gedankenlosigkeit im wahrsten Wortsinn führen kann“, erklärt der 62-Jährige. „Gedanken kommen und gehen, das ist das Motto während der Entspannung – wir halten sie nicht fest und ersetzen die vielen Gedanken durch Wahrnehmung.“

Hörmann hat an der Universität Innsbruck Biologie studiert. Er war für kurze Zeit Lehrer und kam dann über mehrere universitäre Stationen im Rahmen seiner Beschäftigung mit gesundheitsorientierten Erholungsprozessen als wissenschaftlicher Mitarbeiter über die Sozialmedizin an die Univ.-Klinik für Psychiatrie II (Direktorin: Katharina Hüfner). Inzwischen arbeitet der Innsbrucker dort vor allem im psychotherapeutischen Hilfsdienst unter Supervision mit PatientInnen. Mit ihnen übt er mentale Entspannungstechniken. „Das Faszinierende für mich ist, dass Entspannungstechniken relativ einfach zu erlernen sind und dass schon kurze Interventionen Wirkung zeigen“, erzählt er. „Außerdem gibt es nicht zwei idente Entspannungssitzungen: Das ‚In der Stille sein‘ ist ein spannender innerer Prozess.“

Neue Lebenssituation

Kurz vor Abschluss seines Studiums hatte Harald Hörmann einen schweren Fahrradunfall auf dem Weg zur Universität. „Ich hatte mich schon davor mit Yoga und Meditation beschäftigt und in dieser schweren Phase hat mir die Meditation in der Sinnfindung und Bewältigung der neuen Lebenssituation sehr geholfen,“ erinnert er sich zurück. Die Behinderung trage auch zu seiner gelassenen Grundhaltung bei, sagt er: „Es war eine massive Lebensveränderung. Damit einher geht eine andere Bewertung der Dinge, die im Leben wichtig sind.“

Alternativtext

Hörmanns letzte WM-Teilnahme liegt nur wenige Jahre zurück und er blickt mit Freude auf die aktive Wettkampfzeit zurück.

Wichtig geblieben sind Harald Hörmann in jedem Fall Sport und Bewegung: Lange Zeit hat er Handbike und Paralanglauf als Leistungssport betrieben, bis heute übt er beide Sportarten je nach Jahreszeit aus. Für die Universität Innsbruck hat er den Sport-Aufnahmetest für Studierende im Rollstuhl mitentwickelt und eine Weile selbst Sport studiert. Und auch hier kann er seine Erfahrungen mit mentaler Entspannung nützen – für sich selbst genauso wie bei der Unterstützung von anderen SportlerInnen.

Entspannung für unterschiedliche Zielgruppen

Auch an seinem Arbeitsplatz in der Universität sollte das Thema Entspannung schon bald aktuell für Hörmann werden, Studierende kamen auf ihn zu: „Sie standen vor den großen Prüfungen im Medizinstudium – damals noch SIP – und hatten wirklich Angst davor“, erzählt Hörmann. „Also habe ich mit ihnen mentale Entspannungstechniken geübt und das Feedback war sehr gut. Als Sportler kannte ich bereits die Anforderungen für Entspannung in speziellen leistungsdominierten Situationen und ich konnte die Techniken an die jeweiligen Bedürfnisse und Zielgruppen anpassen.“
Seine Techniken passte er schließlich auch an die Arbeit mit PatientInnen an: „Es war mein Wunsch, meine Erfahrung mit Meditation auch in den klinischen Alltag einzubringen“. Inzwischen arbeitet er an der Univ.-Klinik für Psychiatrie II vor allem therapeutisch mit PatientInnen mit mentaler Entspannung. Gerade anfangs werden diese dabei gleichzeitig auch von PsychotherapeutInnen betreut. Die Personen kommen aus vielen Gründen in die Einzel- oder Gruppensitzungen von Harald Hörmann: Angst- und Panikstörungen, Burnout, Schlafstörungen und anderen stressbezogenen Problemen. Mit allen Betroffenen gelte es, sich an die richtigen Techniken im passenden Moment heranzutasten, ist Hörmann überzeugt. Seine Methode habe er als Kombination aus zwei traditionellen Techniken, nämlich achtsamkeitsbasierten mentalen Entspannungstechniken und konzentrativen Meditationsformen entwickelt.

Die Füße am Boden und die Hände am Bauch

Mentale Entspannungstechniken können aber nicht nur Menschen in psychischen Ausnahmesituationen helfen, sondern dienen auch der Prävention. Harald Hörmann nimmt durchaus eine erhöhte Stressbelastung in der Gesellschaft war. „Entspannung bedeutet dann ja nicht nur, dass ich mich mit anderen Tätigkeiten ablenke“, meint er dazu. „Aber gerade das wird häufig so praktiziert, auch mit der starken Nutzung von Social Media. Tiefe Entspannung würde jedoch erfahren, wenn man von weiteren mentalen Inputs loslässt und innerlich ganz still wird. Entspannung könne man lernen und regelmäßig kurz im Alltag praktizieren – noch größeres Potential hätten freilich längere Übungen.

 

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Hörmann, der seine Kenntnisse auf Studienreisen in Indien und Thailand vertieft hat, gibt sein Wissen über mentale Entspannungstechniken in Einzel- oder Gruppensitzungen weiter

Als Beispiel für eine kurze Übung, die sich einfach in den Alltag integrieren lässt, erklärt Hörmann: „Ich starte oft damit, dass mein Gegenüber die Füße am Boden spüren soll, weit weg vom Kopf. Es gehe darum, den Körper bewusst wahrzunehmen, nicht über ihn nachzudenken, sondern die Füße wirklich zu spüren und nichts zu bewerten. „Denken und Wahrnehmen stehen in Konkurrenz“, erläutert Hörmann. „Durch das viele Denken entsteht häufig Stress, aber wenn wir uns auf das Wahrnehmen konzentrieren, also etwa darauf, die Füße am Boden zu spüren, dann verschiebt sich der Fokus vom Denken aufs Wahrnehmen und es tritt eine Beruhigung in Körper und Geist ein“ so Hörmann. Das parasympathische Nervensystem werde bei der Entspannung zugunsten des sympathischen Nervensystems aktiviert. „Das ist eine kurze Regenrationspause. Danach ist das Denken auch wieder leichter und klarer“, berichtet Hörmann über seine eigene Erfahrung und jene aus den Therapien.

Meditation im medizinischen Mainstream angekommen

„Noch vor zehn Jahren fand man das vielleicht esoterisch, aber gerade im anglosächsischen Raum – seit einigen Jahren auch im deutschen Sprachraum – hat die Meditationsforschung ein enormes wissenschaftliches Interesse erfahren und ist in der wissenschaftlichen Community akzeptiert“, erzählt Hörmann. Die Nachfrage, mentale Entspannung zu lernen, werde ständig größer.

Hörmann meditiert nahezu täglich. „Es kann aber schon vorkommen, dass ich so viel Entspannungstechniken mit PatientInnen übe, dass ich selbst dann lieber eine Runde mit dem Handbike oder den Langlaufskiern drehe, weil ich nach dem langen Sitzen einfach Bewegung brauche“, erzählt Hörmann. Denn auch der Sport und speziell die Kombination mit mentaler Entspannung trägt zu körperlichem und geistigem Wohlbefinden und zu Gelassenheit bei.

Veranstaltungshinweis
In der „Woche des Gehirns“ vom 10.-14. März 2025 gibt es täglich eine Online-Meditation mit Harald Hörmann. Am 14. März hält er gemeinsam mit der Klinischen und Sportpsychologin Carina Bichler einen öffentlichen Vortrag zum Thema „Von Stress zu Stärke: Wie Meditation Gehirn und Verhalten positiv beeinflusst“ (18.30 Uhr, Audimax oder im Livestream).

Alle Informationen zur Woche des Gehirns finden Sie hier.

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