Preis für Gender Medizin Forschung an Renate Pichler vergeben
„Das Urothelkarzinom ist ein Paradebeispiel für geschlechtsspezifische Unterschiede und den Einfluss von Geschlechtshormonen auf die Wirksamkeit der Immuntherapie“, sagt Renate Pichler, Uro-Onkologin an der Univ.-Klinik für Urologie (Direktor: Wolfgang Horninger) und Empfängerin des diesjährigen Preises für Gender Medizin Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Die festliche Feierstunde am 4. Februar 2025 in der Fritz-Pregl-Straße, bei der gleich mehrere Preise der Med Uni Innsbruck vergeben wurden, hatte einen kleinen Schönheitsfehler. Renate Pichler, der der Preis für Gender Medizin Forschung gebührt, war erkrankt und konnte Preis und Urkunde nicht persönlich entgegennehmen. Das wurde nachgeholt und ein neuer Termin mit Sabine Ludwig, Professorin für Diversität in der Medizin und Direktorin des gleichnamigen Instituts, gefunden, um ein gemeinsames Foto aufzunehmen. “Der Preis für Gender Medizin Forschung soll auf Geschlechteraspekte in der Prävention, Entstehung, Diagnose und Behandlung von Erkrankungen aufmerksam machen und Forschende dafür sensibilisieren. Auf diese Weise kann er einen Beitrag zu einer geschlechter- und chancengerechten Gesundheitsversorgung leisten“, betont Sabine Ludwig.
In ihrer nun ausgezeichneten und im Fachjournal Biology of Sex Differences veröffentlichten Forschungsarbeit „Sex hormones influence survival of patients with metastatic urothelial carcinoma undergoing immune checkpoint therapy“ fokussierte sich Renate Pichler auf Geschlechterunterschiede in Bezug auf das Ansprechen auf die Immuntherapie beim Urothelkarzinom.
Das Urothelkarzinom – eine Frage des Geschlechts
Dass Sexualhormone eine wichtige Rolle bei den geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Reaktion auf die Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren spielen könnten, wurde in einigen klinischen Studien bereits nachgewiesen. Geschlechtshormone können pro-tumorös oder auch anti-tumorös wirken und so die Immunantwort wie auch die Wirkung der Immuntherapie beeinflussen. Weil ihr direkter Einfluss aber immer noch zu wenig untersucht ist, initiierte Renate Pichler eine eigene Pilotstudie mit Patientinnen und Patienten mit metastasierendem Blasenkarzinom, die an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Urologie eine Immuntherapie erhielten. „Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich beim Urothelkarzinom aber schon viel früher, etwa bei der Inzidenz oder dem Zeitpunkt der Erstdiagnose“, schickt Renate Pichler voraus. Seit 2010 forscht sie in der uro-onkologischen Studiengruppe mit dem Schwerpunkt Hoden-/Nieren-/Penis-/Blasentumor und leitet als Oberärztin die uro-onkologische Spezialambulanz sowie den urologischen Fachbereich im Comprehensive Cancer Center Innsbruck (CCCI). So würden Männer drei bis fünf Mal häufiger als Frauen an Blasenkrebs erkranken. Umgekehrt sind Frauen, falls betroffen, häufiger mit aggressiveren Tumoren konfrontiert. Männer gehen zum Urologen, sobald sie sichtbares Blut im Urin als Leitsymptom haben. Frauen hingegen suchen bei selben Symptomen zumeist primär den/die HausärztIn oder andere FachärztInnen auf, wo das Symptom oft mit einem Harnwegsinfekt abgetan und Antibiotika verschrieben werde. „So verstreicht viel wichtige Zeit, sodass Frauen durch die verzögerte Erstdiagnose häufiger mit einem fortgeschrittenen Tumorstadium konfrontiert sind, was auch Prognose und Outcome verschlechtert. Frauen sind aber auch anatomisch benachteiligt, weil ein Tumor durch die dünnere Muskelschicht schneller in die Tiefe wachsen kann und somit das Tumorstadium verschlechtert“, so Pichler.
In die nun prämierte Studie wurden 28 PatientInnen eingeschlossen, die alle eine Immuntherapie mit Pembrolizumab, einem monoklonalen Antikörper aus der Klasse der PD-1-Inhibitoren, erhielten – entweder als Erst- oder als Zweitlinientherapie nach Chemo. Der Hormonstatus wurde dynamisch beim Start der Therapie und auch im Verlauf bestimmt. Es zeigte sich, dass erhöhte LH (Luteinisierendes Hormon)- und LH/FSH (Follikel-stimulierendes Hormon)-Werte bei Frauen sowie hohe E2 (Östrogenproduktion)-Spiegel bei Männern signifikante Prädiktoren für ein besseres Überleben waren. Ein erhöhtes LH/FSH-Verhältnis, also ein niedriger Östrogenspiegel war prädiktiv für ein besseres Ansprechen auf die Immuntherapie bei Frauen und damit auch mit besserem Überleben assoziiert.
„Wir liefern damit erste klinische Hinweise auf die potenzielle Rolle von Sexualhormonen als prognostische und prädiktive Biomarker beim metastasierenden Blasenkrebs. Um unsere ersten Ergebnisse nun zu bestätigen, ist eine große prospektive internationale Multicenterstudie bereits initiiert, schließt Pichler.
Zur Person:
Die gebürtige Südtirolerin Renate Pichler absolvierte das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Seit 2014 leitet sie die uro-onkologische Spezialambulanz mit dem Schwerpunkt Hoden-/Nieren-/Penis-/Blasentumor und den urologischen Fachbereich im Comprehensive Cancer Center Innsbruck (CCCI). 2017 absolvierte sie das Clinical PhD Studium im Programm Clinical Cancer Research zum Thema „Neue prädiktive Biomarker in der Vorhersage eines BCG-Ansprechens beim Blasenkrebs“ und habilitierte im selben Jahr an der Medizinischen Universität Innsbruck über innovative Konzepte in der Diagnose und Nachsorge beim Blasenkrebs. Ihr Schwerpunkt liegt in der translationalen Uro-Onkologie, mit dem Ziel, prädiktive und prognostische Biomarker beim Blasenkrebs und Nierentumor zu finden, um dadurch neue Therapien ganz gezielt im Sinne einer personalisierten Medizin einzusetzen. Seit 2024 ist sie als Assoziierte Professorin für Translationale Urologische Onkologie tätig.
(06.03.2025, Text: D. Heidegger, Bild: MUI/D. Bullock)
Links:
Sex hormones influence survival of patients with metastatic urothelial carcinoma undergoing immune checkpoint therapy. Lindner, A.K., Lackner, F., Tymoszuk, P. et al. Biol Sex Differ 14, 38 (2023)
https://doi.org/10.1186/s13293-023-00522-x
Preis für Gender Medizin Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck