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Alpbach: Neues aus der Nanomedizin

Beim Europäischen Forum Alpbach präsentieren sich die österreichischen Universitäten in diesem Jahr unter dem Motto "Grenzgänge der Materialwissenschaft". In diesem Rahmen präsentiert Prof. Paul Debbage am Samstag stellvertretend für den Forschungsschwerpunkt "Molekulare und Funktionelle Bildgebung" an der Medizinischen Universität Innsbruck neue Entwicklungen in der Nanomedizin.

Die Nanomedizin verwendet Nanostrukturen um die Diagnose und die Therapie von Krankheiten zu erleichtern. Nanostrukturen sind nur einige Millionstel von Millimeter groß, aus physikalisch-chemischen Gründen haben sie das Potential, Wirkstoffe gezielt an einen Ort zu transportieren und den therapeutischen Effekt zu verbessern. Dieser Effekt wird zum Beispiel bei einigen der neuesten Krebsmedikamente ausgenutzt, um die Wirkung der Wirkstoffe zu vervielfältigen und gleichzeitig die Nebenwirkungen stark zu reduzieren. Weiters könnten durch die Techniken der Nanomedizin die Diagnostik von Krankheiten in ihren Frühphasen verbessert und die Therapie mehrerer „Killer-Krankheiten“ effektiver und nebenwirkungsärmer gestaltet werden. „Derzeit stehen wir am Anfang der Nanomedizin. Die Nanostrukturen, die dabei verwendet werden, sind hundertfach größer als Eiweißmoleküle und sind damit an der Grenze zwischen Chemie und Leben einzuordnen“, erklärt Prof. Paul Debbage. „In dieser Größenordnung finden wir auch die besser bekannten Viren, die unter Anwendung komplexer Maschinerien den Stoffwechsel von lebenden Organismen für die Produktion von Viren ausnützen können.“ Nur die größten ‚Riesenviren’ stellen lebende Organismen dar und sind dabei etwa zehnfach größer als die besser bekannten Viren. An dieser Grenze zwischen Chemie und Leben sind die chemischen Strukturen gerade groß und komplex genug, um stereospezifische Konfigurationen aufzuweisen, die bei adhesiven Erkennungsvorgängen benötigt werden. Sie besitzen auch genügend Verästelungen, Faltungen und Protuberanzen, um mehrfach funktionell differenzierte Regionen in sich zu bilden und können somit enzymatische Aktivitäten entfalten oder Effektormechanismen des Immunsystems aufrufen.

Nanopartikel werden die Therapie revolutionieren

Nano-Ingenieure bauen aus unterschiedlichsten Naturstoffen und künstlichen Materialien Partikel in der Größenordnung von 20 bis 300 Nanometern, die als Trägersubstanzen für schon bekannte medizinische Wirkstoffe verwendet werden können. „Die hohe therapeutische Wirksamkeit dieser Nanopartikel kann nochmals erhöht werden, indem sie mit zielsuchenden Teilchen bestückt werden und somit Targets im Körper – zum Beispiel krebskrankes Gewebe – gezielt aufsuchen“, sagt Paul Debbage. Eben solche zielsuchende wirkstofftragende Partikel wurden erstmals 2005 in den USA zugelassen. Eine weitere Steigerung stellt die Bestückung der Partikel mit signalgebenden Materialien dar. Es können Radionuklide verwendet werden, die in der Nuklearmedizin abgebildet werden, oder aber auch Gadolinium oder Eisen, welche in der Magnet-Resonanz-Tomographie Signal gebend wirken. „Diese weitere Bestückung der Partikel erlaubt die kombinierte Therapie und Diagnostik (Theranostik), welche noch in der Zukunft liegt“, betont Nanoforscher Debbage. „Die duale Anwendung von Nanopartikeln für Bildgebung und Wirkstoffdeposition wird zukünftig die Therapie revolutionieren.“ Dieser neue multidisziplinäre Ansatz erfordert die Zusammenarbeit von Chemie, Pharmazeutischer Chemie, Radiologie, Nuklearmedizin und weiteren Disziplinen. „Es geht darum, Produkte zu entwerfen, die an dieser Grenze zwischen Chemie und Leben liegen“, so formuliert Prof. Debbage das Ziel der Forschungen.

Nanomedizin beim Forum Alpbach

Auch in diesem Jahr versammeln sich wieder Wissenschaftler, Politiker, Unternehmer und Interessierte in Alpbach, um beim Europäischen Forum aktuelle Themen zu erörtern und brisante Fragen zu stellen. Die diesjährigen Universitätstage stehen an diesem Wochenende unter dem Motto „Grenzgänge der Materialwissenschaft“. Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihrem Forschungsschwerpunkt „Molekulare und Funktionelle Bildgebung“ trägt mit einer Präsentation zum Thema „Nanomedizin“ bei. Prof. Paul Debbage von der Sektion für Histologie und Embryologie und dem Kompetenzzentrum „Oncotyrol“, dem Konsortium „Nanohealth“ im Rahmen der Österreichischen Nano-Initiative und der Arbeitsgruppe „Controlled Drug Release“ des Europäischen Technologie Programms Nanomedizin, wird die Universität dabei vertreten und über Materialien an der Grenze zwischen Chemie und Leben und deren Anwendung in der diagnostischen Medizin sprechen. Er vertritt auch die Mitglieder des Schwerpunkts, insbesondere in den Kliniken für Radiologie (Vorstand: Prof. Werner Jaschke) und Nuklearmedizin (Vorstand: Prof. Irene Virgolini) und auch Partner an der Universität Wien (Anorganische Chemie: Prof. Bernhard Keppler) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Prof. Ruth Prassl). Prof. Debbage spricht dabei nicht nur über die Möglichkeiten der Nanomedizin, sondern auch über mögliche Risiken und die Finanzierbarkeit dieser neuartigen medizinischen Techniken. „Am Programm dieses Forums wird der interdisziplinäre und internationale Charakter der Nanomedizin deutlich sichtbar“, so Debbage abschließend.