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Autoimmunität: Neuer Zensurmechanismus

Die Forschungsgruppe um Prof. Gottfried Baier am Department für Medizinische Genetik, Molekulare und Klinische Pharmakologie beschäftigt sich mit der grundlegenden Frage, wie das Immunsystem auf molekularer Ebene funktioniert. Nun berichten die Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift Immunity über die Aufklärung eines neuen Signalwegs, der entscheidenden Einfluss auf die Art der Immunantwort hat.

Wissenschaftler um Prof. Gottfried Baier erforschen jene zellulären Mechanismen, durch die das Immunsystem aktiviert wird. Für eine der Situation möglichst angemessene Immunantwort des Organismus sorgen dabei die Mitglieder der Proteinkinase C (PKC) Familie. Bisher war allerdings unklar, wie diese PKC-vermittelte Signal-Weiterleitung in Immunzellen im Detail erfolgt.

Bedeutende Rolle bei Autoimmunerkrankungen

In Kooperation mit den SFB021-Partnergruppen um Prof. Andreas Villunger und Prof. Lukas Huber vom Biozentrum Innsbruck konnten die Forscherinnen und Forscher einen bisher unbekannten Signalweg aufklären und diesen Durchbruch in der renommierten Fachzeitschrift Immunity publizieren. „Wir haben einen Signalweg entschlüsselt, der über PKC, den ‚orphan receptor’ NR2F6 und NFAT/AP-1 die Schaltvorgänge bei der Transkription der kritischen Immunomodulatoren IL-2, IFN-gamma und IL-17 überwacht“, erklärt Erstautorin Dr. Natascha Kleiter, die erst unlängst mit dem Otto Seibert-Wissenschaftsförderungspreis ausgezeichnet wurde. Als „Zünglein an der Waage“ beschreibt Gottfried Baier die Rolle dieses Signalwegs: „Das Ensemble bildet einen endogenen Balancemechanismus in T Lymphozyten, der je nach Situation das Immunsystem zwischen Immuntoleranz und produktiver Immunabwehr entscheiden lässt.“ Dieser „Zensurmechanismus“ ist besonders in Th17 Zellen, eine T-Zelluntergruppe die in die Pathophysiologie von Entzündungsprozessen und Autoimmunerkrankungen kritisch involviert ist, von großer Bedeutung.

Mögliches Therapieziel zur Stärkung der Tumorabwehr

Die Ergebnisse bedeuten einen entscheidenden Durchbruch, weil aufbauend auf den detaillierten Kenntnissen der physiologischen Aufgabe von NR2F6 als „Handbremse“ der Immunantwort nun nach konzeptionell neuen Immuntherapien gesucht werden kann. „NR2F6 Antagonisten könnten dabei helfen die spezifische Tumorabstoßung durch die körpereigene Immunabwehr zu steigern“, hofft Gottfried Baier. „So könnte das in Krebspatienten bei der Tumorabwehr versagende Immunsystem in Richtung effektiver Antitumorimmunität reaktiviert werden.“ Umgekehrt könnten NR2F6 Agonisten helfen, die Immuntoleranz zu erhöhen und so multifaktorielle Autoimmunerkrankungen wie multiple Sklerose oder rheumatoide Arthritis lindern.

Ein eigenes Editorial und eine Vorstellung der Arbeit in der renommierten Fachzeitschrift Cell unterstreichen das internationale Interesse an den Innsbrucker Ergebnissen. Mit tatkräftiger Unterstützung von Dr. Ludwig Weiss (CAST) hat sich die Medizinische Universität Innsbruck zur weiteren Verwertung dieser vielversprechenden Wege bereits alle Patentrechte für NR2F6 und Immunmodulation gesichert.