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Zerstörung von Tumoren durch Hitze

Mit einer weltweit einzigartigen 3D-navigierten Operationsmethode entfernen Innsbrucker Radiologen um Prof. Reto Bale an der Abteilung für Mikroinvasive Therapie der Univ.-Klinik für Radiologie I (Leitung: Prof. Werner Jaschke) auch große, bisher nicht behandelbare Tumore. Bei der dabei eingesetzten so genannten Radiofrequenzablation (RFA) wird der Tumor mit Hilfe von elektrischer Energie thermisch zerstört.

Das Prinzip der RFA: Durch Sonden wird hochfrequenter Wechselstrom, welcher die Gewebsionen in der Umgebung der RFA-Sonde in Schwingung versetzt, ins Tumorgewebe geleitet. Die dadurch entstehende Reibung führt zu einer lokalen Gewebserhitzung um die Sondenspitze, wobei die Hitzeentwicklung bis zu 100 Grad beträgt. Damit wird das Tumorgewebe völlig zerstört. Das nekrotische (tote) Gewebe wird dann von körpereigenen Zellen abgebaut und im Laufe der Zeit durch Narbengewebe ersetzt.

Sensationeller Durchbruch der Innsbrucker Wissenschaftler

Die Methode der RFA wird an vielen Zentren weltweit eingesetzt. Allerdings können mit der üblicherweise durchgeführten Ultraschall- bzw. CT-gezielten Technik lediglich Tumore bis zu einem maximalen Durchmesser von 4-5 cm mit akzeptablen Ergebnissen behandelt werden.

An der Innsbrucker Universitätsklinik für Radiologie I ist den Wissenschaftlern ein Durchbruch in der Tumorbehandlung gelungen: Mittels 3D-navigierter bilddatenunterstützter Radiofrequenzablation (RFA) können auch bisher nicht therapierbare große Tumore punktgenau und zielsicher zerstört werden.

Navigationssystem im Operationssaal

Eine RFA-Sonde kann lediglich ein bestimmtes Gewebsvolumen zerstören. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist die Zerstörung jeder einzelnen Tumorzelle einschließlich eines Sicherheitssaums von circa 1 cm. Dies erfordert eine exakte Positionierung der Radiofrequenzsonden im Tumor. Insbesondere bei großen Tumoren ist eine optimale 3D-Verteilung mehrerer RFA-Sonden erforderlich, um überlappende Zerstörungsareale zu erzielen. Doch wie kommt der Arzt unter Schonung kritischer Strukturen, wie es Gefäße und Nerven sind, am besten zum Ziel? Wie werden die Sonden im Tumor punktgenau positioniert und optimal dreidimensional verteilt? Die Lösung stellt ein bisher vor allem in der Neurochirurgie, HNO und Orthopädie eingesetztes Navigationssystem dar, mit dessen Hilfe im Innsbrucker Interventionszentrum die weltweit erste 3D-navigierte RFA an Patienten durchgeführt wurde. „Man kann dieses Navigationssystem durchaus mit dem GPS beim Auto vergleichen, auch wir suchen den idealen Weg, in unserem Fall denjenigen, der am genauesten zum Tumor hinkommt und das umgebende Gewebe aber am besten schont“, erklärt Prof. Bale.

Neue Zielvorrichtungen und Patientenlagerungssysteme

Für eine präzise Umsetzung sind allerdings Zielvorrichtungen und Patientenlagerungssysteme ausschlaggebend. Denn der aus den präoperativ gewonnenen Bilddaten berechnete Weg muss während des chirurgischen Eingriffs exakt umgesetzt werden. Entsprechende Führungshilfen, die die Innsbrucker Forscher ursprünglich für Eingriffe im Kopfbereich (zusammen mit den Univ.-Kliniken für Strahlentherapie, HNO und Neurochirurgie) entwickelt haben, konnten jetzt durch die Anwendung von speziellen Patientenfixationssystemen auch außerhalb des Kopfes eingesetzt werden. Durch die Kombination von 3D-Navigationssystemen, die das Sichtbarmachen der aktuellen Instrumentenposition in Echtzeit in Relation zu präoperativ aufgenommenen Bilddaten erlauben, mit Zielvorrichtungen und Fixationssystemen können beinahe alle Strukturen im menschlichen Körper millimetergenau punktiert werden.

Minimale Invasivität und niedrige Komplikationsraten

Bei der RFA handelt es sich um eine relativ nebenwirkungsarme Therapie. Dadurch kann die RFA auch bei Patienten eingesetzt werden, die für eine chirurgische Resektion aufgrund ihres Allgemeinzustandes, von Voroperationen oder technischer Überlegungen nicht in Frage kommen. Außerdem können in einer Sitzung mehrere synchrone Herde behandelt werden und durch die gute Verträglichkeit kann die RFA auch mehrmals wiederholt werden. Prinzipiell hängt die Therapie von verschiedensten Faktoren, insbesondere der Tumorart, der Lokalisation des Tumors, dem Allgemeinzustand des Patienten, dem Metastasierungsmuster etc. ab. „Einerseits muss die technische Machbarkeit, andererseits die onkologische Sinnhaftigkeit abgewogen werden, wobei selbstverständlich im Besonderen auf den Patientenwunsch einzugehen ist“, erklärt Prof. Bale. Haupteinsatzgebiet der RFA sind primäre und sekundäre Lebertumore, denn die Leber besitzt ein besonders hohes Regenerationspotenzial und die Leberzellen können „nachwachsen“. Es können aber auch das so genannte Osteoidosteom – ein zwar gutartiger, aber heftige Schmerzen verursachender Knochentumor –, Nieren-, Nebennieren- und Lungentumore, Knochenmetastasen und die Trigeminusneuralgie – ein durch Nervenschädigung verursachter attackenartig auftretender Gesichtsschmerz – behandelt werden. Bisher wurden rund 300 Tumore auf diese Art und Weise verödet, die Erfolgsquote liegt bei 90 Prozent.

Keine Allheilmethode

„Allerdings“, betont Prof. Bale nachdrücklich, „ist unsere Methode keineswegs ein Allheilmittel, denn die RFA hat beispielsweise bei diffuser Metastasierung keinen Sinn. Diese Chirurgie ohne Messer‘ kann in Analogie zur Chirurgie eine systemische Chemotherapie nicht ersetzen. Überdies ist zu bedenken, dass nicht nur der zu behandelnde Tumor, sondern auch das umliegende Gewebe thermosensitiv ist und daher eine RFA in der Nähe der Gallengänge, des Rückenmarks, im und am Darm und in der Nähe von Nervenbahnen nicht durchführbar ist und ebenso Hirn-, HNO- und Bauchspeicheldrüsentumore nicht auf diese Art und Weise behandelt werden können.“