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Neue Form von Epilepsie entdeckt

In einer groß angelegten Studie konnte eine Gruppe von Wissenschaftlern um Prof. Erich Schmutzhard von der Universitätsklinik für Neurologie (Leitung Prof. Werner Poewe) in Innsbruck nun beweisen, dass es sich bei dem in Tanzania und im Süd-Sudan häufig auftretenden "Head Nodding"(HN)-Syndrom (wiederholtes unkontrolliertes Nicken), um eine neue, bisher nicht erkannte Form von Epilepsie handelt. Bis dato war dieses Syndrom weder klinisch klassifiziert worden noch konnten mögliche Ursachen ausgeforscht werden.

Bereits in den 60er Jahren hatte Prof. Louise Jilek-Aall vom Department für Psychiatrie der University of British Columbia in Vancouver, Canada, im Hochtal von Mahenge in Süd-Tanzania einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Epilepsiekranken in der Bevölkerung beobachtet. Der dort lebende Stamm der Wapogoro war überdies sehr stark von Onchozerkose (Flussblindheit) betroffen, eine durch Kribbelmücken, die an schnell fließenden Gewässern brüten, übertragene Fadenwurminfektion. Die Forscherin stellte daher die Vermutung eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten von Epilepsie und der Fadenwurminfektion auf.

300 Patienten der Mahenge Epilepsy Clinic untersucht

Um die Not der Patienten zu lindern, die von der Gesellschaft ausgegrenzt wurden, ohne jemals eine medizinische Behandlung zu erhalten, gründete Prof. Jilek-Aall 1960 die „Mahenge Epilepsy Clinic“, richtete eine Epilepsieambulanz ein und bildete Krankenpfleger und -schwestern in Epilepsiemanagement aus. Heute werden in dieser Klinik rund 900 Patienten betreut. Auf Basis der Patientendaten der Mahenge Epilepsy Clinic führte nun Prof. Schmutzhard in Zusammenarbeit mit Prof. Jilek-Aall von Jänner bis August 2005 eine groß angelegte Studie an 300 ausgewählten Patienten durch, die nicht eindeutig als Epilepsiepatienten klassifiziert werden konnten bzw. Patienten mit einem weiteren neurologischen Problem, wie mentale Entwicklungsverzögerung oder Wachstumsstörungen. Das Projekt wurde von der Ethikkommission des Muhimbili University College of Health Sciences, University of Dar es Salaam, geprüft und freigegeben. Den Großteil der Finanzierung übernahm die kanadische Savoy Foundation for Epilepsy Research in Québec mit Schwerpunkt Epilepsieforschung in tropischen Ländern.

Erstaunliches Studienergebnis

Mit Hilfe von Medizinstudenten, Dolmetschern und im Beisein von mindestens einem Zeugen füllten die Teilnehmer einen 12-seitigen WHO-validierten Fragebogen aus und unterzogen sich anschließend einer ärztlichen Untersuchung inklusive neurologischer Auswertung. Bei 200 Patienten wurden Blutanalysen und Lumbalpunktionen durchgeführt, bei anderen eine Kernspintomographie (MRT) bzw. eine Elektroenzephalografie (EEG). Bei der Evaluierung der Untersuchungsergebnisse konnte das Forscherteam ein klares Muster von epileptischen Anfällen feststellen: Somit gilt als gesichert, dass das „Head Nodding“-Syndrom, bei dem durch einen Stimulus die Muskelspannung am Hals kurzfristig und wiederholt ausläßt - was das charakteristische Kopfnicken zur Folge hat - eine neue Form von Epilepsie darstellt. Der Zusammenhang mit der stark verbreiteten Fadenwurminfektion, die dadurch ausgelöste mögliche Hirnschädigung und die Auswirkungen derselben bei für Epilepsie prädisponierten Personen konnte bislang noch nicht bestätigt werden.