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Voraussetzungen für Klinische Studien

Die Durchführung klinischer Studien ist mit beträchtlichem bürokratischem Aufwand verbunden. Für eine einwandfreie wissenschaftliche Praxis sind die umfangreichen Vorbereitungen aber zwingend notwendig, wie dies Mag. Sabine Embacher-Aichhorn vom Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) in ihrem letzt wöchigen Vortrag an der Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin eindrucksvoll veranschaulichte. Eine rege Diskussion im Anschluss brachte auch einiges an Kritik.

Der Vortrag zum Thema „Good scientific practice – Voraussetzungen für akademische Studien“, zu der die Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin letzten Donnerstag in der Großen Hörsaal der Chirurgie lud, war ursprünglich als Fortbildung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik geplant, wurde aufgrund des großen Interesses dann aber öffentlich zugänglich gemacht.

Klinische Praxis führt zu klinischen Studien

Festgelegte Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis sind im Zuge immer stärker werdenden Wettbewerbs und Konkurrenzdrucks im wissenschaftlichen Bereich von besonderer Bedeutung. Aufrichtigkeit, Transparenz und die Beachtung verbindlicher Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis sind unverzichtbare Voraussetzungen jeder wissenschaftlichen Arbeit, die dem wahren Erkenntnisgewinn dient und die von der Gesellschaft aufgenommen und entsprechend respektiert werden sollte. Sorgfältig zu unterscheiden sind Verstöße gegen diese Grundsätze von wissenschaftlichem Irrtum, der auch trotz der Beachtung der Grundsätze von guter wissenschaftlicher Praxis nicht immer vermeidbar ist. Um dem Anspruch dieser ethischen Basis gerecht zu werden, sind vielfältige Überprüfungen und Kontrollen vorgesehen. Viele Ideen zu wissenschaftlichen Studien kommen aus der täglichen Praxis, aus der Behandlung von PatientInnen. Eine mögliche Verbesserung der Therapie soll mit korrekten und nachvollziehbaren Methoden überprüft bzw. bewiesen werden und dann für andere ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen zugänglich gemacht werden. Sabine Embacher-Aichhorn strich im Besonderen den Unterschied zwischen einer klinischen Prüfung, bei der es sich um eine systematische Untersuchung von Arzneimitteln oder Medizinprodukten handelt und einer Anwendungsbeobachtung hervor. „Bei letzterer handelt es sich um eine Überprüfung eines bereits zugelassenen Arzneimittels. Bei einer Anwendungsbeobachtung muss auf alle Fälle zuerst eine Therapieentscheidung fallen. bevor man sich entscheidet, die Anwendung in einer Anwendungsbeobachtung zu überprüfen. Oftmals ist der Grad zur klinischen Prüfung schmal“, so die Geschäftsführerin des KKS.

Umfassende Information

Mag. Sabine Embacher-Aichhorn berichtete in ihrem eineinhalbstündigen Vortrag über den Weg von der Idee zu einer klinischen Studie über die Erstellung eines Prüf-Protokolls, der Vorstellung des Projekts bei der Ethikkommission, der Durchführung, Publikation bis hin zur Verwahrung der gewonnenen Untersuchungsergebnisse und darüber, welche Unterstützung das KKS den MedizinerInnen derzeit bieten kann. Begriffe im Rahmen eines umfassenden Prüfplans wie Sponsor, Prüfer und Monitor sowie deren Aufgaben wurden definiert. „Wichtige Parts“, erklärte Embacher-Aichhorn, „ sind auch versicherungstechnische Details wie Personenschaden- und Haftpflichtversicherung, die in den Verantwortungsbereich des Sponsors fallen“. Der Prüfer muss beispielsweise die Präparate prüfen und sich für die Weitergabe aller wichtigen Informationen sowie die sichere Aufbewahrung und lückenlose Dokumentation der Daten verantwortlich zeigen. Der Monitor überwacht schließlich die Einhaltung des Prüfplans und muss das Prüfzentrum regelmäßig aufsuchen. Am KKS steht auch ein Katalog von Fragen zur Verfügung, die man sich vor Beginn einer Studie stellen sollte. Das anhand so genannter Standard operating procedures erstellte Studienprotokoll sollte möglichst ausführlich sein und stellt eine verbindliche Festlegung über die Durchführung einer klinischen Studie dar.

Gesetzliche Grundlagen und Einreichbehörden

Eine ordnungsgemäß durchgeführte Studie orientiert sich an internationalen Standards und Richtlinien, beispielsweise an der Deklaration von Helsinki von 1964. Diese postuliert, dass Forschung am Menschen notwendig ist, das Wohl des Patienten aber immer höher zu bewerten ist, als der Nutzen für die Wissenschaft. Definiert ist weiters auch das freiwillige Einverständnis des Patienten. Weitere internationale Richtlinien sind die für USA, Japan und Europa gebräuchlichen ICH (International Conference of Harmonisation) Guidelines, auf EU-Ebene greifen so genannte Clinical Trials Directives, die in nationales Recht implementiert werden müssen. Österreichische Gesetze wie das Arzneimittelgesetz und das Medizinproduktegesetz zählen ebenfalls zur Basis wissenschaftlichen Handelns. Als Genehmigungsinstanzen fungieren neben der Ethikkommission auch das Bundesamt für Sicherheit und Gesundheit. Bei der Planung von Studien müssen zudem spezifische Einreichfristen beachtet werden.

Kontroverse Diskussion

Prominente Diskutanten waren neben Mag. Sabine Embacher-Aichhorn der Ärztliche Direktor des Landeskrankenhauses Innsbruck-Universitätskliniken, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Buchberger, das langjährige Mitglied der Ethikkommission, Dr. Holger Baumgartner, Univ.-Prof. Dr. Erich Schmutzhard von der Univ.-Klinik für Neurologie sowie Univ.-Prof. Dr. Werner Lingnau, der im Namen der Univ.-Klinik für Anästhesie zur Diskussion geladen hatte. Buchberger berichtete über die EDV-unterstützte, lückenlose Studienerfassung, die in Kürze von der TILAK umgesetzt wird und die juristische Empfehlung darüber, dass die TILAK nicht als Sponsor von Studien auftreten solle. Akademische Eigenstudien fielen in die Kernkompetenz der Universität. Derzeit seien 80% der Studien von der Industrie gesponsert. Baumgartner ließ an Klarheit in seinen Statements nichts vermissen und bezeichnete den großen Formalismus, der mit der Durchführung von klinischen Studien verbunden ist, als „große Hürde“. Als nunmehr beratendes Mitglied der Ethikkommission, titulierte Baumgartner die Auflagen zur Archivierung angesichts der bestehenden Raumnot als blanken Hohn. Dieses Problem dürfte sich allerdings mit der elektronischen Verarbeitung demnächst entschärfen. Ein Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung des KKS liegt vor und sieht auch den personellen Ausbau dieser Einrichtung vor.