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Anerkennung im New England Journal of Medicine

Unter "Clinical Implications of Basic Research" bespricht das renommierte New England Journal of Medicine monatlich bahnbrechende Entwicklungen der Grundlagenforschung und ihre klinischen Implikationen. In der aktuellen Ausgabe wird diese Anerkennung A.Univ.-Prof. Dr. Arthur Kaser zuteil, dessen, gemeinsam mit Kollegen der Harvard Medical School in Boston und Partnern in Kiel, Rotterdam und Innsbruck entstandenes Paper zur Entstehung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen kürzlich auch in Cell publiziert wurde.

In der Forschungsarbeit „XBP1 links ER stress to intestinal inflammation and confers genetic risk for human inflammatory bowel disease“, auf die der niederländische Molekularbiologe Hans Clevers im New England Journal of Medicine Bezug nimmt, konnten Prof. Kaser von der Univ.-Klinik für Innere Medizin II (Schwerpunkt Gastroentereologie und Hepatologie) und Kollegen Anfang September 2008 zeigen, dass von Stress im endoplasmatischen Retikulum (ER), der Proteinproduktionsstelle der Zelle, Entzündung ausgehen kann.

Probates Mausmodell

Die Autoren der Studie entwickelten ein Mausmodell, in dem konditionell im Darmepithel der ER Stress Transkriptionsfaktor XBP1 spezifisch ausgeschaltet wurde. Diese Mäuse entwickelten eine spontane Darmentzündung, die histologisch wie die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Mb Crohn und Colitis ulcerosa aussah. Das intestinale Epithel sprach viel stärker als normal auf entzündliche Reize innerhalb der Schleimhaut oder auch auf Signale aus der intestinalen Mikrobiota an und amplifizierte somit jedes Signal von außen. Gleichzeitig führte hypofunktionelles XBP1 auch zu einem schweren Defekt in spezialisierten Epithelzellen, den Paneth Zellen. Diese Zellen sondern antimikrobielle Peptide ab und steuern die Zusammensetzung der intestinalen Keimflora, die wichtig ist für die Darmentzündung bei Mb Crohn und Colitis ulcerosa.

ER Stress war aber nicht nur im Mausmodell, sondern auch in Darmbiopsien von CED Patienten zu finden, wie zusammen mit Prof. Herbert Tilg in Innsbruck im selben Paper gezeigt wurde. Nachdem es in der Literatur Hinweise für Linkage auf Chromosom 22 in der Nähe des XBP1 Gens und CED gab, wurde in Zusammenarbeit mit den Professoren Andre Franke und Stefan Schreiber der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in einer großangelegten Assoziationsstudie tatsächlich XBP1 als Risiko-Gen für Mb Crohn und Colitis ulcerosa identifiziert und zweifach repliziert. Per deep sequencing in mehr als 1000 Patienten und Kontrollen konnte eine Vielzahl seltener XBP1 Varianten bei CED Patienten identifiziert werden, welche wiederum in Expressionssystemen funktionell getestet wurden und tatsächlich hypofunktionell waren und damit den im Mausmodell entwickelten Mechanismus unterstützten.

Neuer Entstehungs-Mechanismus bei Darmentzündungen

„Damit ist es zum ersten Mal gelungen, den Weg vom polymorphen Gen zur intestinalen Entzündung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu verstehen, und so nebenbei einen völlig neuen Mechanismus der Entzündungs-Entstehung zu identifizieren, nämlich den ER Stress“, erklärt Prof. Arthur Kaser. Ein weiterer zentraler Aspekt ist, dass intestinale Epithelzellen Ausgangspunkt der Darmentzündung bei CED sein können, wohingegen sie früher lediglich als inerte physische absorptive Barriere zwischen bakterieller Darmflora und dem Immunsystem betrachtet wurden. Kaser: „XBP1 vereinigt die zwei - spezifisch im Darmepithel - wesentlichen Aspekte von CED, nämlich die Regulation des Entzündungstonus der Schleimhaut und die Interaktion mit der bakteriellen Keimflora.“

Die genannte Arbeit zu XBP1 war bereits der „featured article“ im amerikanischen Wissenschaftsjournal Cell, Ausgabe vom 5. September 2008, und wurde bereits dort in einem Editorial besprochen. Auch die Research Highlights Sektion von Nature Reviews Immunology machte kurze Zeit später auf die Publikation aufmerksam. „Die Besprechung unserer Arbeit nun im New England Journal of Medicine macht offensichtlich, dass wir hier ein völlig neues Forschungsfeld eröffnet haben“, freut sich Arthur Kaser.