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ONCOTYROL-i-med: Aktivierte Immunzellen gegen Krebs

Der Medizinischen Universität Innsbruck (i-med) ist es ein Anliegen, die hier in Innsbruck erzielten Ergebnisse der Grundlagenforschung schnell und sorgfältig geprüft ans Krankenbett zu bringen. Daher engagiert sie sich in dem großen akademisch-industriellen Forschungsverbund ONCOTYROL Center for Personalized Cancer Medicine. Viele i-med-Wissenschaftler und -Kliniker leiten Forschungsprojekte oder ganze Bereiche in ONCOTYROL. Diese Serie wird in regelmäßiger Folge i-med/ONCOTYROL-Forschung und deren Ergebnisse vorstellen.

ONCOTYROL, das Tiroler Zentrum für personalisierte Krebsmedizin, an dem die Medizinische Universität Innsbruck entscheidend beteiligt ist, hat im Sommer 2008 offiziell seine Arbeit aufgenommen - ein kurzer Zeitraum, um konkrete Ergebnisse zu erzielen.

Erste ONCOTYROL-Ergebnisse

Da ONCOTYROL allerdings Projekte in verschiedenen Stadien der Anwendungsreife unter einem Dach vereint, sind in Teilbereichen bereits Erfolge zu vermelden: Prof. Gottfried Baier von der Sektion Humangenetik an der Medizinuniversität, Projektleiter und Leiter des Forschungsbereichs 1 in ONCOTYROL, hat ein Patent und eine Publikation eingereicht, die sich mit einer Immunzelltherapie gegen Krebs befassen. Damit Krebs entsteht, müssen zwei Vorgänge im Körper zusammenkommen. Zum einen führen Mutationen dazu, dass sich Krebszellen ungehemmt vermehren. Zum anderen versäumt die Immunabwehr, diese rechtzeitig zu vernichten. Daraus ergeben sich zwei Ansatzpunkte für die Therapie: die Tumorzellen gezielt zu zerstören und das Immunsystem des Patienten zu stärken. Der Forschungsbereich 1 bei ONCOTYROL widmet sich dem Kampf gegen Krebs an diesen beiden Fronten. Es geht darum, sowohl neuartige, zielgerichtete Chemo- als auch Immunotherapien zu entwickeln, sowie diese zu kombinieren. Gottfried Baier entwickelt eine Immunzelltherapie, die in Zukunft die Wirkung vorhandener Chemo- oder Immuntherapien verstärken soll.

Tumor legt T-Zellen lahm

Krebszellen wenden verschiedene Tricks an, um der Abwehr des Körpers zu entkommen. Dies gelingt ihnen beispielsweise, indem sie die T-Zellen des Immunsystems „manipulieren“. „Tumorzellen sind leider die besten Immunologen“, bedauert Baier. So schalten sie in den T-Zellen bestimmte Gene vermehrt an, die eigentlich ausgeschaltet sein sollten. Eines dieser Gene ist cbl-b. Zu starker Einfluss dieses Gens wirkt auf die T-Zellen wie ein Schlafmittel. Die körpereigene Abwehr wird gedämpft und erfüllt ihre Aufgabe nicht mehr richtig. Der Krebs kann wachsen.

T-Zellen außerhalb des Körpers wachrütteln

Baier und seine Mitarbeiter haben im Mausmodell und an menschlichen Zellkulturen ein Verfahren entwickelt, mit dem man T-Zellen „wachrütteln“ kann. Dabei werden den Mäusen T-Zellen aus dem Blut entnommen und das „Schlafmittel-Gen“ cbl-b wird in diesen Zellen außerhalb des Körpers zeitweise ausgeschaltet. Dies gelingt den Innsbrucker Wissenschaftlern mit einer Technik namens RNA-Interferenz. Anschließend werden die auf diese Weise aktivierten T-Zellen der Maus wieder zurückgegeben. Es hat sich sowohl in Mäusen als auch in menschlichen Zellkulturen gezeigt, dass die T-Zellen nach dieser Behandlung deutlich aggressiver gegen den Tumor vorgehen. Das Verfahren zur Aktivierung von T-Zellen außerhalb des Körpers durch Stilllegen von cbl-b ist gemeinsam mit dem ONCOTYROL Firmenpartner Apeiron Biologics aus Wien zum Patent eingereicht. Bei dem Paper, das derzeit bei einem Top Journal in der Begutachtung ist, geht es um die genaue Wirkung von cbl-b. Hinter diesem Forschungsansatz steckt die Hoffnung, das körpereigene Immunsystem spezifisch auf die Vernichtung von Tumorzellen "abrichten" zu können, so dass der Körper die Krankheit mit eigenen Waffen bekämpft. „Die von Baier und seinen Mitarbeitern entwickelte Immunzelltherapie stellt ein Paradebeispiel für personalisierte Medizin dar, handelt es sich doch um körpereigene Zellen“, stellt Philipp Unterholzner, Geschäftsführer von ONCOTYROL fest. Erklärtes Ziel ist es nun, diese konzeptionell neue Tumor-Immuntherapie durch stetige Interaktionen mit den eingebundenen Partnern, der TILAK und der Pharmaindustrie, im Rahmen von ONCOTYROL zeiteffizient in Verfahren für den klinischen Einsatz am Menschen zu übertragen.

Hintergrund ONCOTYROL

ONCOTYROL ist ein Verbund kompetenter Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft zur beschleunigten Entwicklung und Evaluierung individualisierter Krebstherapien, sowie prognostischer und präventiver Methoden. Im Bereich der Wissenschaft stehen die drei Tiroler Universitäten im Zentrum, insbesondere die Medizinische Universität. Die Universitäten arbeiten mit internationalen Wissenschaftspartnern wie der Harvard Medical School zusammen. Auf Seiten der Wirtschaft sind regionale, überregionale und international agierende Konzerne beteiligt. ONCOTYROL wurde im Rahmen des Strukturprogramms COMET der österreichischen Bundesregierung in Innsbruck gegründet und wird mit nationalen und Landesmitteln zu rund 50% gefördert. Gemanagt wird das Großprojekt von der Innsbrucker CEMIT GmbH Center of Excellence in Medicine and IT.

Besondere Bedeutung der Medizinischen Universität

Die i-med ist in allen Bereichen von ONCOTYROL, ob wissenschaftlich oder strategisch, entscheidend beteiligt: Sie ist Gesellschafterin, Konsortialpartnerin, stellt die wissenschaftliche Leitung (Prof. Lukas Huber), stellt drei von fünf Area-Leitern (Prof. Helmut Klocker, Prof. Gottfried Baier und Prof. Günther Gastl) und mehr als die Hälfte aller Projektleiter. Die i-med ist an 54% der ONCOTYROL-Projekte beteiligt.