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Basis für individualisierte Krebstherapie bei Senioren

Eine wissenschaftliche Arbeit unter der Leitung von Univ.-Prof. Reinhard Stauder von der Univ.-Klinik für Innere Medizin V (Direktor Univ.-Prof. Günther Gastl) beschreibt in strukturierter und umfassender Form die Situation älterer TumorpatientInnen in Tirol. Damit wird die rationale Grundlage für die individualisierte Therapieplanung geschaffen. Die Ergebnisse wurden in Critical Reviews in Oncology Haematology publiziert.

Krebserkrankungen stellen eine typische Alterserkrankung dar. Auf Grund der demographischen Entwicklung werden in Tirol bald mehr als die Hälfte aller neu diagnostizierten Krebserkrankungen bei Menschen alter als 70 Jahre diagnostiziert werden. „Tumorerkrankungen bei Betagten sind kein Minderheitenproblem, sondern betreffen mittlerweile eine Mehrheit älterer PatientInnen“, weiß Prof. Stauder.

Individualisierte Therapie als vorrangiges Ziel

Konzepte zur Krebsbehandlung können nicht eins zu eins von Jüngeren auf Ältere übertragen werden. Die medizinische Betreuung des betagten Tumorpatienten erfordert eine ganzheitliche Sicht unter Berücksichtigung der speziellen Gesundheitssituation sowie der Vorstellungen des Älteren. Stauder: „Ziel ist die individualisierte Therapieplanung, die aus einer ganzheitlichen Sichtweise auf dem geriatrischen Assessment beruht. Im Assessment werden mit Hilfe verschiedener Scores in strukturierter Weise die Dimensionen Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen, Depression, Kognition, soziale Versorgung und Ernährungssituation erfasst“.

Der ältere Tumorpatient in Tirol

Im Rahmen des Programms „Geriatrische Onkologie“ wurde das geriatrische Assessment bei älteren KrebspatientInnen an der Klinik Innsbruck etabliert und implementiert. Einschränkungen der funktionalen und instrumentellen Aktivitäten, der Kognition sowie relevante Komorbiditäten wurden in einem, für die klinische Praxis relevanten Anteil von 20 bis 40 Prozent aufgezeigt. Ein Drittel der PatientInnen war im Depressionsscreening auffällig, während die soziale Versorgung und der Ernährungszustand des Großteils der PatientInnen als gut zu beurteilen war. Diese Daten stellen die erste ganzheitliche Erfassung des Status älterer KrebspatientInnen in Tirol dar und wurden in Kooperation mit Priv.-Doz. Georg Kemmler, Univ.-Prof.in Barbara Sperner-Unterwerger und Univ.-Doz. Holzner von der Univ.-Klinik für Biologische Psychiatrie erstellt. Mit Hilfe von multivariaten statistischen Methoden konnte gezeigt werden, dass die 13 angewendeten Scores insgesamt sechs unterschiedliche Dimensionen identifizieren, nämlich die funktionalen Aktivitäten, die Komorbiditäten, die Lebensqualität, die Kognition, die soziale Versorgung und die Ernährungssituation. Dies bedeutet, dass beispielsweise ein Score wie der WHO-Performance Status, sehr gut in der Lage ist, den Allgemeinzustand zu erfassen, aber bei anderen Dimensionen, wie den Komorbiditäten, welche für die Einschätzung und Therapieplanung des betagten Krebspatienten relevant sind, völlig versagt. Diese Ergebnisse liefern somit die rationale Basis dafür, welche Scores zur ganzheitlichen Erfassung älterer KrebspatientInnen notwendig sind und auf welche Scores auf Grund von Redundanzen verzichtet werden kann. Aktuell werden von der Arbeitsgruppe um Reinhard Stauder Gender-Aspekte und die Relevanz von Assessment Parametern in der Einschätzung des präoperativen Operationsrisikos und als prognostische und prädiktive Parameter evaluiert.

Die geriatrische Onkologie als Herausforderung

Die Arbeitsgruppe geriatrische Onkologie im Tiroler Arbeitskreis Klinische Onkologie (TAKO) koordiniert die Aktivitäten zur Betreuung älterer Tumorpatienten in Tirol, wobei alle Krankenanstalten in Tirol einbezogen werden. In Kooperation verschiedener Fachrichtungen werden Empfehlungen zum Assessment, zur Psychoonkologie, zur Pharmakotherapie, zur Strahlentherapie und zur Nachbetreuung und Rehabilitation erstellt. Den besonderen Bedürfnissen älterer Krebspatienten widmet sich auch die vor kurzem von Stauder gegründete Initiative Senioren-Krebshilfe.