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Akutes Nierenversagen: Einheitliche Klassifikation

Die bislang umfangreichste Analyse von Daten aus Intensivstationen ebnet den Weg zu einer einheitlichen Klassifikation des Akuten Nierenversagens. An mehr als 16.000 chirurgischen und medizinischen Intensivpatienten aus 303 Intensivstationen wurden Inzidenz und Outcome während der ersten 48 Stunden nach Aufnahme auf die Intensivstation untersucht. Die Studie unter Beteiligung von Prof. Michael Joannidis wurde nun in der renommierten Fachzeitschrift Intensive Care Medicine veröffentlicht.

Das akute Nierenversagen ist vor allem bei kritisch kranken Patienten mit bedeutender Morbidität und Letalität verbunden. Die Folgen sind verlängerte Intensivstations- und Spitalaufenthaltsdauer verbunden mit massiver Kostenbelastung für das Gesundheitssystem. Angaben über Häufigkeit und Outcome des akuten Nierenversagens schwanken stark und hängen im Wesentlichen vom Schweregrad der Grunderkrankung und der Definition des Akuten Nierenversagens ab.

„In Anbetracht dieser Situation zeigte sich über die letzten Jahre, beschleunigt durch die Initiative des Acute Kidney Injury Networks (AKIN), eine grundlegende Wandlung in der konzeptuellen Auffassung des Akuten Nierenversagen vom Einzelorganversagen hin zu einem Syndrom mit gravierenden systemischen Effekten“, erklärt Prof. Joannidis von der Medizinischen Intensivstation. „Die wachsende Bedeutung dieses Syndroms für Klinik und Forschung verlangt eine allgemein akzeptierte Definition und Klassifikation nach Schweregrad der Ausprägung.“

RIFLE und AKIN Klassifikation

Die 2004 publizierten RIFLE Kriterien schlugen eine Klassifikation anhand der beiden Parameter Serum-Kreatinin und Harnzeitvolumen vor. 2007 erfolgte eine Modifikation der RIFLE Kriterien durch das Acute Kidney Injury Network (AKIN), wobei ein 48 Stunden-Fenster für die Definition von „akut“ vorgeschlagen wurde. Darüber hinaus wurde eine Änderung der Terminologie vorgeschlagen, die die Bezeichnung „Acute Renal Failure“ durch „Acute Kidney Injury“ mit 3 Schweregraden ersetzt.

Die bislang umfangreichste Analyse unter Anwendung dieser beiden Klassifikationssysteme an mehr an 16.000 chirurgischen und medizinischen Intensivpatienten aus 303 Intensivstationen untersuchte Inzidenz und Outcome des Akuten Nierenversagens bei Intensivpatienten während der ersten 48 Stunden nach Aufnahme auf die Intensivstation. Zudem wurde die Performance der beiden Klassifikationssysteme verglichen. Die Studie wurde nun im Journal Intensive Care Medicine publiziert.

Hohe Inzidenz nach Aufnahme auf der Intensivstationen

Durchschnittlich 30% aller Intensivpatienten entwickelten eine akute Nierenschädigung innerhalb von 48 Stunden nach Aufnahme auf die Intensivstation. Während die durchschnittliche Letalität der Intensivpatienten ohne Nierenschädigung in dieser Studie 12% betrug, stieg diese mit dem Schweregrad der akuten Nierenschädigung kontinuierlich an und erreicht bei Patienten mit schwerer Nierenschädigung Werte über 40%. Jeder Grad der Nierenschädigung war dabei mit einer deutlichen Übersterblichkeit verbunden, verglichen mit der anhand des SAPS 3 Scores erwarteten Letalität. Im Fall der schwersten Ausprägung der akuten Nierenschädigung lag die Übersterblichkeit fast 30% über der aufgrund des SAPS 3 Scores erwarteten Sterblichkeit.

RIFLE erweist sich als Klassifikation robust

Innerhalb der ersten 48 Stunden nach Aufnahme auf die Intensivstation erwies sich RIFLE als robustes Klassifikationssystem mit einer gegenüber AKIN etwas erhöhten Sensitivität. Der wesentliche Unterschied bestand dabei in der Tatsache, dass RIFLE Kriterien, sofern nicht anders aus der Krankengeschichte der Patienten bekannt, von einer normalen Nierenfunktion vor der Intensivstationsaufnahme ausgehen, während AKIN nur gemessene Veränderungen innerhalb von 48 Stunden akzeptieren. Im Vergleich der beiden Kriterien Serum-Kreatinin und Harnzeitvolumen erwies sich erniedrigtes Harnzeitvolumen als sensitiver, die damit assoziierte Letalität war jedoch geringer, als wenn nur der Anstieg des Serum-Kreatinins beachtet wurde.

„Die Anwendung der RIFLE Kriterien unter Berücksichtung der Abnahme des Harnzeitvolumens und des Anstiegs des Serum-Kreatinins im Vergleich zu Werten vor der Aufnahme auf die Intensivstation, erweist sich als valides Instrument zur Klassifikation und Risikoabschätzung bei akuter Nierenschädigung auf Intensivstationen“, so das Fazit von Prof. Joannidis. „Weitere Erkenntnisse zu diesem Thema erwarten wir uns nun von der eben initiierten prospektiven internationalen AKI-EPI Studie, die sowohl von AKIN als auch ESICM akkreditiert wurde. Alle interessierten Intensivstationen sind herzlich zur Teilnahme an dieser Studie eingeladen.“