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Rätsel um unbekannten Gendefekt gelöst

Forschern der Medizinischen Universität Innsbruck ist erneut ein Durchbruch in der Genetik gelungen: Das Team um Priv.-Doz. Andreas-Robert Janecke und Univ.-Prof. Thomas Müller (Leiter Univ.-Klinik für Pädiatrie II) entschlüsselte die Ursache für eine bisher unbekannte Krankheit eines Tiroler Buben. Die Erstbeschreibung der Stoffwechselerkrankung, bei der die Eiweißverarbeitung durch ein fehlendes Enzym gestört ist, wurde im renommierten "The American Journal of Human Genetics" publiziert.

Der neu entschlüsselte Gendefekt konnte erstmals bei dem jungen Tiroler aus der Wildschönau nachgewiesen und in türkischen und japanischen Patienten bestätigt werden. Bis vor kurzem wusste eine Tiroler Familie nicht, an welcher schweren Krankheit ihr Sohn leidet. Er kam bereits mit nach innen gerichteten Daumen, Klumpfüßen und Fehlbildungen von Organen zur Welt. Nach und nach konnten mittels zahlreicher Operationen die Fehlbildungen des kleinen Jungen minimiert werden, doch die Ungewissheit über den weiteren Verlauf der Krankheit blieb. „Dank der Diagnose wissen wir jetzt endlich über die Krankheit Bescheid und können relativ beruhigt in die Zukunft unseres Sohnes blicken. Sein Zustand wird sich nicht mehr wesentlich verschlechtern und er hat eine hohe Lebensqualität“, so die Tiroler Mutter erleichtert.

Auslöser für Stoffwechselerkrankung gefunden

Bei Menschen mit dem Daumen-Klumpfuß-Syndrom (ATCS) funktioniert die Eiweißverarbeitung bereits im Mutterleib nicht richtig. Bei gesunden Menschen wird in der Haut und im Bindegewebe Chondroitinsulfat (CS) in Dermatansulfat (DS) umgebaut. Dieser Prozess kann bei Patienten mit ATCS nicht oder nur zum Teil erfolgen, da ein wichtiges Enzym dafür fehlt. „Die Dermatansulfat-Biosynthese ist bereits im Mutterleib gestört und ist für die angeborenen Fehlbildungen zahlreicher Organe und der Bindegewebsschwäche verantwortlich. Die geistige Entwicklung ist davon nicht betroffen und die Patienten können später ein fast ganz normales Leben führen“, erklärt Prof. Müller und fügt hinzu: „Wir konnten den Gendefekt als Ursache für die Erkrankung identifizieren und können den weiteren Verlauf der Krankheit nun besser einschätzen.

Diagnose erst der Anfang

Der neuen Erkenntnis ging eine zehnjähriger Forschungsarbeit des Teams der Medizinischen Universität Innsbruck voraus, die das fehlende Enzym D4ST1 identifizierte und es für den gestörten Umbauprozess des Eiweißes verantwortlich machen konnte. Durch diesen Defekt kommt es zu einer Zunahme von CS und zu einer gleichzeitigen Abnahme von DS in den Bindegewebszellen der Patienten. Bei Verdacht auf dieses Fehlbildungssyndrom steht ab sofort ein schneller, kostengünstiger und spezifischer Bluttest zur Verfügung. „Um an ATCS zu erkranken, müssen jeweils beide (gesunden) Elternteile gleichermaßen Träger des defekten Gens sein“, verdeutlicht der medizinische Genetiker Andreas Janecke. Die Forschungen bezüglich der Behandlung stehen noch am Anfang, aber es gibt bereits erste konkrete Versuche mit Zellkulturen.

Erfolg durch interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit

Die Erkenntnis, dass die Krankheit auch bei japanischen und türkischen Familien nachgewiesen werden konnte, beruht auf der perfekten Zusammenarbeit mit internationalen ForscherInnen. „Die Zusammenarbeit mit dem türkischen Arzt Munis Dündar, dem Schweizer Stoffwechselspezialisten Steinmann und dem US-amerikanischen Arzt Jacques Baenziger war für die Studie erforderlich. Aber gerade auch die gute interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Medizinischen Universität war für den Forschungserfolg ausschlaggebend“, unterstreicht Andreas Janecke. Das national wie international erfolgreiche ForscherInnenteam konnte bereits sechs unbekannte genetische Krankheiten federführend aufdecken.