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Lehren und lernen im Teamwork

Eine Umfrage zum Rauchverhalten von Studienanfängern im Rahmen der Ethik-Vorlesung brachte nicht nur überraschende inhaltliche Ergebnisse. Die aktive Beteiligung und Mitarbeit der Studierenden resultierte auch - wie vom Vortragenden Prof. Holger Baumgartner durchaus beabsichtigt - in erhöhter Motivation, besonderem Engagement und somit Nachhaltigkeit.

Die Implementierung von Ethik und Bioethik in den Lehrplan des Medizin-Studiums ist ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Mit dem Propädeutikum „Ethik“ in der Medizin ist zwar ein wichtiger Grundstein gelegt, das Ethik-Begleitseminar für Sezierübungen stellt eine wertvolle Ergänzung dar. Holger Baumgartner:“ Gezielte Begleitseminare im Verlauf der gesamten weiteren Ausbildung wären sinnvoll. Mit den jeweiligen Fachvertretern könnten damit ethische Konzepte ausbildungsbegleitend, fachspezifisch und nachhaltig vermittelt werden“.

Bioethische Sensibilisierung

Um eine Sensibilisierung für ein (bio)ethisches Thema zu erreichen, bedarf es der kritischen Analyse von Hintergründen und Zusammenhängen. Das Rauchen ist ein besonders geeignetes Thema für den medizin-ethischen Diskurs. „Von Nikotinabhängigkeit untermauert gefährdet das Rauchen Gesundheit und Leben und damit jene Werte, die an oberster Stelle der ethischen und bioethischen Werteordnung stehen. `Ehrfurcht vor dem Leben´ ist nach dem Arzt und Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer der gemeinsame ethische Imperativ aller großen Kulturen und Religionen“, gibt Baumgartner zu bedenken. Besonders problematisch: Vor allem Jugendliche und Frauen sind heute globale Zielgruppen der Tabakindustrie; laut WHO sind weltweit ein Drittel aller Erwachsenen von Passivrauchen betroffen (von Kindern ganz zu schweigen). Phänomene wie freier Wille, Abhängigkeit und Werbung, augenblickliche Befriedigung und Langzeitfolgen, Profit und Gesundheitsschaden, Eigen- und gesellschafliche Verantwortlichkeit nennt Baumgartner als Ingredenzien dieses globalen (medizin)ethischen Dilemmas.

Akademische Arbeitsteilung

Zur Verdeutlichung der Problematik wählte Baumgartner einen praktischen Zugang. Mit der engagierten studentischen Unterstützung und Assistenz durch Mag. Christine Mantinger und Mag. Simon Taubitz, die beide bereits ein anderes Studium absolviert haben, erfolgte eine Befragung der VorlesungsteilnehmerInnen. Bei der inhaltlichen Gestaltung des Fragebogens wurde besonderer Wert auf eine ausgeglichene Befragungssituation für RaucherInnen und NichtraucherInnen gelegt. Anhand des international etablierten Fagerström-Fragebogens für Nikotinabhängigkeit (FTNA) sollte das Rauchverhalten ermittelt werden. Zusätzlich wurden Fragen zu Themen wie Passivrauchen, Rauchverbote, Werbeverbote und finanzielle Verantwortung und Folgeschäden gestellt. „Die aktive und passive Einbindung von Studierenden in die Lehrtätigkeit ist mitunter ein probates Mittel, um ungenützte Ressourcen zu verwerten und damit den Unterricht interaktiv zu beleben“, ist Baumgartner überzeugt „Dass das Rauchen die vermeidbarste, lebensverkürzende Maßnahme ist, konnte so mit praktischen Mitteln kommuniziert werden. Außerdem wurden die Studierenden mit einem einfachen Instrument (FTNA) zur Abschätzung der Abhängigkeit bekannt gemacht“, erläutert das Team Baumgartner, Mantinger und Taubitz.

Überraschende Ergebnisse

Von 200 ausgegebenen Fragenbögen kamen 162 retour (Rücklaufquote: 80 Prozent). Im Zuge der Auswertung durch Mantinger und Taupitz überraschte aber nicht nur die numerische Resonanz, sondern vor allem der hohe NichtraucherInnenanteil von 88 Prozent (48 Prozent NichtraucherInnen, 40 Prozent ehemalige RaucherInnen) „Unter jenen, die ein Medizinstudium begonnen haben und zwischen 18 und 25 Jahre alt sind, gibt es mit rund 13 Prozent wesentlich weniger RaucherInnen als in der vergleichbaren Altersgruppe der Gesamtbevölkerung (40 Prozent), der Anteil der rauchenden Medizinstudentinnen ist dabei geringer als der der rauchenden Kollegen“, so Mantinger und Taubitz bei der Vorstellung der Umfrageresultate in der Ethik-Vorlesung. Die Vergleichsdaten wurden einer, 2007 von Univ.-Prof.in Margarethe Hochleitner in der Ringvorlesung „Geschlechterforschung Medizin“ präsentierten, Raucherstudie entnommen. Umfrageergebnisse bei englischen Medizinstudierenden (London) sind übrigens denen in Innsbruck ähnlich. Aus der vergleichenden Analyse der Umfrageergebnisse ergeben sich für Prof. Baumgartner nun folgende Fragen: „Gehen Medizinstudierende schon mit einer `gesünderen´ Einstellung ins Studium bzw. sind Medizinstudentinnen und -studenten per se geneigter, lebensschädliche Einflüsse von sich zu halten?“.

Der inhaltliche wie praktische Erfolg des Propädeutikums läßt Prof. Baumgartner an eine Fortsetzung mit gleichen Mitteln denken: „Dank der Mitarbeit der Studierenden wurde die Befragungs-Aktion ein schönes Beispiel für konstruktives, studentisches Engagement mit gut sichtbaren Ergebnissen und zeigt, dass die Vermittlung kontroversieller Themen mehrdimensionale Zugänge verdient.“