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Ein Kanal der keiner ist - der Kalziumkanal in Knochenfischen

Eine aktuelle Forschungsarbeit aus der Sektion für Biochemische Pharmakologie nimmt die evolutionäre Entwicklung des Kalziumkanals im Skelettmuskel genauer unter die Lupe. Die Dokumentation des Verlusts der Kalziumleitfähigkeit in modernen Knochenfische wurde im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences, kurz PNAS, veröffentlicht und findet sich auch als Besprechung im renommierten Science Signaling wieder.

Der Prozess der Erregungs-Kontraktions-Kopplung in der Skelettmuskulatur stellt seit mehreren Jahren das zentrale Forschungsgebiet des Labors von Univ.-Prof. Manfred Grabner von der Sektion für Biochemische Pharmakologie dar. Dr. Johann Schredelseker aus dem Team um Prof. Grabner konnte nun zeigen, dass im Skelettmuskel höherer Knochenfische (Teleostier) spannungsaktivierte Kalziumkanäle expremiert werden, die kein Kalzium leiten – ein Phänomen, dass sich ausschließlich in den modernen Knochenfischen feststellen lässt, sich evolutionär betrachtet aber im Menschen oder anderen Säugetieren andeutet.

Vom Kalziumleiter zum Spannungssensor

Der spannungsaktivierte Kalziumkanal ist der primäre Schalter für die Muskelkontraktion. „Es ist bekannt, dass bei einer elektrischen Erregung des Herzmuskels der Kalziumeinstrom für die Kontraktion ausschlaggebend ist, im Skelettmuskel jedoch der Kalziumeinstrom für die Kontraktion entbehrlich ist, da das Signal der elektrischen Erregung durch eine konformationelle Änderung des Kanals und direkte Proteininteraktion an das Zellinnere weitergeleitet wird“, erklärt Prof. Grabner. Dennoch wurde dem Kalziumeinstrom bislang eine essentielle Relevanz für das Aufrechterhalten des Kalzium-Gleichgewichts in der Muskelzelle zugeschrieben. Mit den Erkenntnissen der aktuellen, mit Hilfe elektrophysiologischer Methoden durchgeführten Untersuchungen gerät dieses Verständnis nun jedoch ins Wanken.

Um den Mechanismus der Erregungs-Kontraktions-Kopplung in vitro und in vivo zu untersuchen, bedienen sich die Forscher um Grabner und Schredelseker dem etablierten Modellorganismus Zebrafisch. „Kombiniert mit früheren Daten aus anderen Wirbeltieren läßt sich damit der graduelle Verlust der ursprünglich essentiellen Kalziumleitfähigkeit und die verbleibende Funktion als reiner Spannungssensor sehr gut dokumentieren“, erläutert Studienautor Schredelseker, der nach seiner PostDoc-Zeit im Labor von Prof. Grabner derzeit an der University of California, Los Angeles (UCLA) forscht. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse ergeben sich für die Forscher nun zwei unterschiedliche Hypothesen. Einerseits besteht die Möglichkeit, dass es sich beim Verlust des Kalziumeinstromes um eine evolutionäre Entwicklung innerhalb der Wirbeltiere handelt, die in Säugern lediglich noch nicht vollständig vollzogen ist und ihren Endpunkt in den Teleostiern findet. Andererseits ist es möglich, dass es in der Kalziumregulation von Säugern und Teleostiermuskeln prinzipielle Unterschiede gibt, die es aufzuklären gilt.

„Jedenfalls trägt das Verstehen dieser unterschiedlichen Konzepte und das Wissen um diese evolutionäre Entwicklung viel zum Verständnis der Erregungs-Kontraktions-Kopplung im Skelettmuskel und damit auch humaner Myopathien bei“, schließen die Autoren.