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Protestaktion der Medizinischen Universität Innsbruck zur Unterfinanzierung

Rund 1.000 Angehörige der Medizinischen Universität und der Klinik unterstützten heute die gemeinsame Aktion von Rektor, Senatsvorsitzendem, Betriebsrat und der Österreichischen HochschülerInnenschaft bei der Protestaktion. "Sollten die im Frühjahr gefassten Beschlüsse der Bundesregierung zur Stagnation oder sogar einer Budgetkürzung im Universitätsbereich ab dem Jahr 2013 tatsächlich vorgenommen werden, ist mit weitreichenden Folgen für den Universitätsstandort Innsbruck zu rechnen", bringt der Rektor der Medizinischen Universität, Univ.-Prof. Dr. Herbert Lochs, die Finanzierungssituation auf den Punkt.

Um auf diese gravierende Situation gezielt aufmerksam zu machen und an die Regierungsspitze einen Appell zur Aufhebung der Beschlüsse zu richten, hat heute eine Protestaktion der Medizinischen Universität Innsbruck stattgefunden, die in die gemeinsame Teilnahme mit der Universität Innsbruck an der Universitätsvollversammlung mündete. „Es gilt, den Stellenwert der universitären Bildung in Österreich zu stärken, eine bedarfsgerechte Finanzierung zu sichern und auf diesem Weg angemessene Studienbedingungen herzustellen“, betonte Rektor Lochs.

Gemeinsames Zeichen für Bildung und Wissenschaft

MitarbeiterInnen der Medizinischen Universität Innsbruck setzen gemeinsam mit dem Rektorat, dem Senat, dem Betriebsrat und der ÖH-Medizin ein solidarisches Zeichen und versammelten sich in der Maria-Theresien-Straße, um dann in einem langen Protestzug gemeinsam zur Universität zu marschieren. Auf dem Platz vor dem Universitätsgebäude mündete die Aktion in die gemeinsame Vollversammlung mit der Universität Innsbruck.

Vor der Annasäule formulierten die Vertreter der Medizinischen Universität Innsbruck ihre Forderungen für den Universitätsstandort Innsbruck und die Bildungssituation in Österreich.

Rektor Univ.-Prof. Dr. Herbert Lochs:

Wird das Budget im nächsten Jahr so beibehalten, muss die Medizinische Universität mit einer negativen Bilanz abschließen. Das bedeutet, dass wir schon jetzt mit einem Personalabbau beginnen müssten.

Daneben steht womöglich die Schließung von Forschungseinrichtungen an, verschiedene Lehr- und Versorgungsleistungen der Medizinischen Universitäten müssen eventuell zurückgefahren werden. Das würde bedeuten, dass Forschungsergebnisse beispielsweise nicht mehr schnell in neue Behandlungsformen umgesetzt werden können, so dass die Krankenversorgung sich erheblich verschlechtern würde.

Dies ist sowohl unmittelbar für die ForscherInnen und Studierenden als auch für die PatientInnen von großem Nachteil. Daneben verliert der Forschungsstandort Österreich an Attraktivität und internationaler Reputation.

Unsere Forderung lautet daher: Die Budgetgespräche müssen so schnell wie möglich fortgeführt werden. Wir werden ohne genügende finanzielle Mittel bei der künftigen Krankenversorgung und der Ausbildung des medizinischen Nachwuchses erheblich Abstriche machen müssen. Eine Erhöhung der Budgets für die Medizinischen Universitäten ist unbedingt notwendig, um den gestiegenen Anforderungen in der PatientInnenversorgung, Lehre und Forschung auch gerecht werden zu können. Wir appellieren an das Verantwortungsbewusstsein unserer Regierung.

Senatsvorsitzender Univ.-Prof. Dr. Martin Krismer:

Die Universitätskliniken übernehmen in großem Umfang in diesem Land die Ausbildung von FachärztInnen. In meinem eigenen Fachbereich der Orthopädie werden Dreiviertel aller FachärztInnen des Landes an der Klinik ausgebildet. Werden Stellen reduziert, würde es die jungen ÄrztInnen betreffen, und sie würden keine Stellen für Ausbildung zum Facharzt/zur Fachärztin finden.

Nun sollen durch Budget-Kürzungen gerade die Einrichtungen, die Spitzenmedizin betreiben - die Universitätskliniken - deutlich geschwächt werden. Spitzenmedizin kann man nicht „ein bisschen“ reduzieren. Für den Nachtdienst an einer Intensivstation für Neugeborene, für den Journaldienst eines Transplantationsteams steht schon jetzt die gerade noch ausreichende Anzahl an ÄrztInnen zur Verfügung. Hier kann man nicht einfach reduzieren.

Wir möchten die Tiroler Bevölkerung darauf aufmerksam machen, dass hier ihr ureigenstes Interesse bedroht ist: die Gesundheitsversorgung.

Wir brauchen Ihre Unterstützung und jene der Tiroler Politiker, um zu verhindern, dass sich unser derzeit noch ausgezeichnetes Gesundheitssystem nachhaltig verschlechtert.

Betriebsratsvorsitzender für das wissenschaftliche Personal ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Tiefenthaler

Die Unterfinanzierung der Universitäten ist dramatisch. Den österreichischen Universitäten fehlen zwischen 500 und 700 Millionen Euro. Auch wenn die Rektorate alle möglichen betriebswirtschaftlich sinnvollen Hausaufgaben erledigt haben, sind sie die Mängelverwalter der Universitäten Österreichs, die permanent an den gesellschaftspolitischen Zielsetzungen der universitären Bildung Abstriche machen müssen.

Die chronische Unterfinanzierung der Universitäten bedingt erhebliche Einschnitte:

Zuletzt hat das Ministerium die Stellen für Nachwuchswissenschafter/innen auf ein Minimum zusammengekürzt. Mit der von der Bundesregierung zu verantwortenden Budgetkürzung wird die Universität im nächsten Jahr zahlreiche Stellen einsparen müssen. Und von einer Ausweitung der Studierendenzahlen auf die vom Nationalrat geforderten 500 StudienbeginnerInnen kann keine Rede mehr sein!

Bereits im November 2009 hatte die Bundesregierung einstimmig beschlossen, bis 2020 die Universitätsfinanzierung auf zwei Porzent des BIP zu steigern. Bei den tatsächlichen Aufwendungen für die Universitäten mit 1,3 Prozent des BIP ist Österreich damit weit abgeschlagen. Deutschland leistet sich auf hohem Niveau von 2,8 Prozent BiP Unifinanzierung jetzt für die Bewältigung der Krise zusätzliche 12 Milliarden Euro für die Universitäten.

Mit heutigem Datum muss der österreichischen Bundesregierung klar sein, dass diese Kürzung zu einer Reduktion der Forschung, zu einer Verschlechterung der ärztlichen Ausbildung und auch zu einem medizinischen Versorgungsengpass führen wird.

Fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Hausaufgaben zu machen und über die Legislaturperiode hinaus weitsichtige Entscheidungen für die Zukunft Österreichs zu treffen.

ÖH-Medizin-Vorsitzende Ursula Neubauer und Tilmann Hickethier:

Die Lage ist ernst! Die Budgetsituation an unserer Universität ist bereits prekär und nun sind zusätzliche Einsparmaßnahmen geplant.

Die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten ist nicht zu jedem Preis möglich! Wir sind bereits unterfinanziert und bei weiteren Kürzungen müssen wir Studierenden der medizinischen Universitäten aber in Folge auch die österreichische Bevölkerung mit besorgniserregenden Konsequenzen rechnen.

Essentielle Teile unsere Ausbildung wie Kleingruppenunterricht, bedside teaching und das praktische Erlernen von klinischen Fertigkeiten wären nicht mehr finanzierbar. Doch genau das ist für Medizinstudierende besonders wichtig. Das medizinische Wissen verdoppelt sich alle fünf Jahre – diese enorme Menge an Fakten kann aber nur in einem guten Betreuungsverhältnis vermittelt werden.

Außerdem ist das Erlernen von praktischen Fähigkeiten in großen Gruppen undenkbar und praktisch unmöglich. Es ist unzumutbar wenn sich 30 Studierende um kranke PatientenInnen in der Klinik scharen müssen; aber genauso ist es unverantwortlich, wenn später unzureichend ausgebildete ÄrztInnen die Patientenversorgung übernehmen.

Die vorgesehenen Kürzungen münden unabdingbar in zwei möglichen Szenarien:

Entweder werden die Unis gezwungen sein, weniger Studienplätze zur Verfügung zu stellen, um weiterhin eine qualitativ hochwertige Ausbildung nach heutigem Standard gewährleisten zu können. Dies impliziert eine geringere Anzahl an zukünftigen ÄrztInnen, was in einer immer älter werdenden Gesellschaft zwangsläufig zum Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung führen wird.

Die andere Option ist, bei weniger Geld gleich viele Studierende auszubilden. Dies wird unweigerlich zu schlechter ausgebildeten ÄrztInnen führen.

Nicht nur für uns Studierende sondern für die gesamte österreichische Bevölkerung sind die Folgen der Budgetkürzungen gravierend.