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Neuer Biomarker für Atherothrombose und Tumorentstehung

Drei neue Publikationen aus einer interdisziplinären Kooperation von Forschergruppen der Universitätsklinik für Neurologie, der Sektion für Genetische Epidemiologie des Departments für Medizinische Genetik, Molekulare und Klinische Pharmakologie sowie des Gesundheitsbezirkes Bruneck zeigen, dass das Erreichen einer kritischen Telomerlänge eine wichtige Rolle sowohl bei fortgeschrittenen arteriosklerotischen Veränderungen der Gefäßwand als auch bei der Tumorentstehung spielt.

Telomere sind am Endabschnitt der Chromosomen lokalisiert und wichtig für deren Stabilität. Nach neueren Untersuchungen haben sie Einfluss auf die Alterungsprozesse des Organismus (Seneszenz). Mit jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere. Es wird davon ausgegangen, dass das Erreichen einer kritischen Telomerlänge („hayflick limit“) das auslösende Moment für das Einsetzen des Seneszenz-Programms darstellt.

Effizentes Messverfahren: Höchste Präzision bei geringen Kosten

Forschergruppen der Universitätsklinik für Neurologie (Direktor Univ.-Prof. Werner Poewe), der Sektion für Genetische Epidemiologie (Direktor Univ.-Prof. Dr. Florian Kronenberg) und des Gesundheitsbezirkes Bruneck (Primarii Agnes Mayr und Siegfried Weger sowie Prof. Oberhollenzer) untersuchten nun in der prospektiven, populationsbasierten Bruneck-Studie den Zusammenhang von Telomerlänge mit Herzkreislauf-Erkrankungen und Tumorentstehung. Dazu wurden die Daten von 800 Personen entlang eines zehnjährigen Beobachtungszeitraums analysiert. Die Forschungsergebnisse wurde in den renommierten Journalen JAMA (Journal of the American Medical Association), ATVB (Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology) und International Journal of Epidemiology veröffentlicht. Die Bruneck-Studie ist eine seit 1990 laufende Langzeitbeobachtung von 1.000 gesunden Einwohnern der Stadt Bruneck in Südtirol, die auf die Erforschung der Ursachen von Herzinfarkt und Schlaganfall abzielt.

Die Bestimmung der Telomerlänge in einer derart großen Studienpopulation stellte für die WissenschafterInnen dabei eine besondere Herausforderung dar. "Dazu haben wir im Labor der Genetischen Epidemiologie und der `Sequencing and Genotyping Core Facility´ ein ausgeklügeltes Hochdurchsatzverfahren entwickelt, welches erlaubt, in kurzer Zeit die Telomerlänge von Hunderten von Proben mit geringem DNA-Verbrauch, geringen Kosten und höchster Präzision zu bestimmen", merkt Studienmitarbeiterin Dr.in Anita Kloss-Brandstätter an.

Telomerlänge als aussagekräftiger Risikofaktor

Die Ergebnisse der Untersuchung dokumentieren einen signifikanten Zusammenhang von Telomerlänge und inzidenten kardiovaskulären Erkrankungen. „Studienteilnehmer mit kurzen Telomeren zeigten ein zwei- bis dreifach höheres Risiko als Personen mit langen Telomeren. Besonders stark war die Assoziation mit dem Auftreten von Myokardinfarkt und instabilen Plaques“, erklärt Dr. Peter Willeit. Als Erklärung wird von den Forschern angeführt, dass eine abnehmende Replikationsrate einhergeht mit dem Verlust der Fähigkeit von glatten Gefäßmuskelzellen Plaquefissuren und Plaquerupturen zu regenerieren. Dieses Defizit dürfte dazu beizutragen, dass atherothrombotische Gefäßverschlüsse begünstigt werden. Klinische Folgen sind Myokardinfarkt und Schlaganfall.

In der gleichen Kohorte hatten Personen mit kurzen Telomeren ein dreifach erhöhtes Risiko an einem Tumor zu erkranken und ein deutlich erhöhtes Risiko an einer neu aufgetretenen Tumorerkrankung zu versterben. Diese epidemiologischen Daten bestärken die Hypothese, dass das Erreichen einer kritisch kurzen Telomerlänge mit genetischer Instabilität und Polyploidie (Vorhandensein von drei Chromosomensätzen in den Zellen) zum Karzinom führen können.

Etablierung eines unabhängigen Markers

„Diese Ergebnisse zeigen erstmals in einer großen prospektiven Populationsstudie, dass Marker für zelluläre Alterung unabhängig vom chronologischem Alter und anderen klassischen Risikofaktoren mit Herzkreislauferkrankungen und Tumorentstehung assoziiert sind“, unterstreicht Prof. Kiechl die Bedeutung der neuen Erkenntnisse. Das Projekt wurde durch ein Stipendium der Dr. Johannes Tuba Stiftung (Peter Willeit) und dem Gesundheitsbezirk Bruneck unterstützt und durch zwei Diplomanden entscheidend getragen. Dr. Peter Willeit, Absolvent der Medizinischen Universität Innsbruck wurde von Prof. Stefan Kiechl von der Univ.-Klinik für Neurologie und Mag.a Silvia Ehrlenbach von Dr.in Anita Kloss-Brandstätter von der Sektion für Genetische Epidemiologie betreut.