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Studie: Hustenmedikament - Schutz vor Hirnschädigungen bei Frühgeburten?

Die Vizerektoren für Forschung, Univ.-Prof. Dr. Tilmann Märk (Universität Innsbruck) und Univ.-Prof. Dr. Günther Sperk (Medizinische Universität Innsbruck) verliehen an insgesamt vier KandidatInnen Preise im Rahmen des Allgemeinen Hochschulstipendiums. Neben Tobias Hell (Technische Mathematik), Lukas Reichsöllner (Experimentalphysik) und Carina Melanie Thürridl (Internationale Wirtschaftswissenschaften) wurde Cand. Med. Anna Posod für ihre Forschungsarbeit im Neonatologischen Forschungslabor, Universitätsklinik der Pädiatrie IV, ausgezeichnet.

Das Wissen um die Schädigungsmechanismen im sich entwickelnden Gehirn des Frühgeborenen ist limitiert. In Abhängigkeit vom Geburtsgewicht sind bei bis zu 20 Prozent der Frühgeborenen lebenslange Behinderungen die Folge, bis zu 40 Prozent zeigen kognitive Defizite und Schulleistungsstörungen. Diese Beeinträchtigungen belasten nicht nur Kind und Angehörige, sondern gestalten sich auch als Bürde von gesellschaftlicher Tragweite mit nicht unerheblicher sozioökonomischer Relevanz.

Bedeutung von Sauerstoffzufuhr bei Frühgeborenen

Die Genese der Hirnschädigung bei Frühgeborenen ist komplex, eine multifaktorielle Genese mit Beitrag diverser prä-, peri- und postnatal wirksamer Faktoren gilt als gesichert. Aktuelle Theorien sehen folgende Mechanismen als relevant an: Hypoxie/Ischämie (Unterversorgung, Blutarmut), maternale/fetale Infektion/Inflammation sowie diverse Umwelt- und Umgebungsfaktoren wie die postnatale Hyperoxie (Sauerstoffüberangebot).

Die mögliche Bedeutung der Hyperoxie spielt im neonatologischen Kontext eine besondere Rolle, werden doch Frühgeborene einer relativen Hyperoxie ausgesetzt, kommt es doch mit der Geburt – verglichen mit der Situation in utero zu einem dramatischen Anstieg des Sauerstoffpartialdrucks im Gewebe. Frühgeborene sind weiters im Verlauf ihrer frühen Entwicklung außerhalb der Gebärmutter, aufgrund der Unreife der Lunge und des Hirnstamms wechselnden Sauerstoffkonzentrationen ausgesetzt. Sie benötigen oft über lange Zeit den Zusatz von Sauerstoff, um die systemische Oxygenierung zu gewährleisten.

Ausgezeichnete Forschungsarbeit: bekanntes Medikament als Schutz vor Schädigungen?

Mehrere Studien zeigen, dass insbesondere bei sehr kleinen Frühgeborenen Sauerstoffkonzentrationen, die deren körperlichen Bedarf übersteigen ('supraphysiologische Zufuhr'), auch als neurotoxischer Faktor wirksam werden können. In tierexperimentellen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Exposition gegenüber erhöhten Sauerstoffkonzentrationen zu einer Verstärkung des natürlichen Zelltods in verschiedensten Arealen des Gehirns führt.

Cand.med. Anna Posod, neonatologisches Forschungslabor der Medizinischen Universität Innsbruck (Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Ursula Kiechl-Kohlendorfer/Dr. Elke Griesmaier, Pädiatrie IV), erforscht nun im Rahmen ihrer Diplomarbeit die Wirkung von Dextromethorphan. Dieser Wirkstoff wird als relativ nebenwirkungsarmes Hustenmittel (weitgehendes Fehlen der für diese Substanzklasse üblichen atemdepressiven Wirkung, geringes Abhängigkeitspotential) zur Therapie von Reizhustenzuständen bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt.

Zukunft: klinische Studien für therapeutische Konsequenzen

Bezüglich der schädigenden Wirkung von supraphysiologischen Sauerstoffkonzentrationen konnte Dextromethorphan auf mehrerlei Weise Effekte auf das Ausmaß der hervorgerufenen Läsionen (Verletzungen) im Rahmen der perinatalen Hirnschädigung erzielen: Anna Posod konnte zeigen, dass sowohl die anti-inflammatorischen Eigenschaften als auch die moderat antagonistische Wirkung von Dextromethorphan bei hyperoxischen Zuständen als Schutz für Nervenzellen wirken. "Das bedeutet, dass diese Substanz protektiv eingesetzt werden könnte, um den durch die Hyperoxie gesteigerten Zelltod zu regulieren und somit Schädigungen bei Frühgeborenen einzudämmen", erklärte die angehende Medizinerin. "Um diese Ergebnisse in die Therapie einfließen zu lassen, müssen allerdings noch weitere Analysen folgen."