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Pharmakokinetik: Wirkt ein Antibiotikum dort, wo es nötig ist?

Die Arbeitsgruppe Klinische Pharmakokinetik der Universitätsklinik für Innere Medizin I an der Medizinischen Universität Innsbruck untersuchte zusammen mit der Medizinischen Intensivstation und der Klinischen Infektiologie und Immunologie die Konzentration von Voriconazol in unterschiedlichen menschlichen Geweben, mit dem Ergebnis, dass nach Behandlung mit Standarddosierungen in relevanten Geweben wirksame Spiegel erzielt werden können. Voriconazol ist ein Medikament, welches bei schweren Pilzinfektionen verabreicht wird. Die Infektion und die entsprechende Medikamentendosierung sind gerade bei kritisch erkrankten PatientInnen ein diffiziles Thema.

Bei kritisch kranken Personen ist ein rasches Ansprechen auf die medikamentöse Therapie von besonders großer Bedeutung Dabei gestaltet sich die Pharmakotherapie zunehmend schwieriger, je mehr Organsysteme beeinträchtigt sind und je mehr therapeutische Maßnahmen zugleich getroffen werden müssen. Im Labor für Inflammationsforschung an der Universitätsklinik für Innere Medizin I werden für verschiedene Pharmaka für kritisch Kranke pharmakokinetische Daten erhoben. Die Pharmakokinetik beschreibt, wie Medikamente vom Körper aufgenommen werden, wie sie sich verteilen, wie sie abgebaut und schließlich ausgeschieden werden. Einen besonderen Stellenwert hat die Untersuchung der Pharmakokinetik antimikrobiell wirksamer Substanzen, da Infektionen ein häufiges und schwerwiegendes Problem kritisch kranker PatientInnen sind. Diese pharmakokinetischen Daten dienen der Erstellung von Dosierungsrichtlinien, die einen sichereren und effizienteren Einsatz von Arzneimitteln in der Intensivmedizin ermöglichen sollen. In der aktuellen Ausgabe des international anerkannten Magazins „Antimicrobial Agents And CHemotherapy“ konnte die Arbeitsgruppe Klinische Pharmakokinetik um Ao. Univ. Prof. Dr. Romuald Bellmann einen Erfolg veröffentlichen: Forschungsergebnisse zur Verteilung von Voriconazol in menschlichem Gewebe.

Auf die Dosierung kommt es an

Voriconazol hat sich als wirksames Medikament gegen die Aspergillose und andere Pilzinfektionen (Mykosen) erwiesen. Diese Schimmelpilze kommen überall in unserer Umwelt vor: z.B. im Biomüll, aber auch in der Küche, in Wohnungen generell, in Schwimmbädern und Saunen usw. Gerade Aspergillus besitzt ein besonders pathogenes Potential.

Dem gesunden Menschen können diese Pilze aufgrund eines intakten Immunsystems nichts anhaben. Anders aber stellt sich die Situation für Menschen mit einer beeinträchtigten Funktion des Immunsystems z. B nach einer Transplantation oder mit einer Erkrankung des Knochenmarks dar. Für diese PatientInnen können Pilzinfektionen (Mykosen) wie die invasive Aspergillose zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung werden. Betroffen sind dann v. a. die Lunge, die Nasennebenhöhlen und das Gehirn.

Um die gewünschte therapeutische Wirkung zu erzielen, muss das Pilzmittel Voriconazol in den betroffenen Geweben ausreichende Konzentration erreichen, Diese Konzentration untersuchte nun die Arbeitsgruppe Klinische Pharmakokinetik. Die zentrale Forschungsfragen lauteten: Können wir mit Antibiotika dort, wo sie wirken sollen, ausreichende Konzentrationen erreichen, wenn wir sie in der den empfohlenen Dosierungen verabreichen? Gelangen ausreichende Mengen des Medikaments an den Ort der Infektion, um die Infektionserreger im Wachstum zu hemmen oder abzutöten, wenn wir Dosierungen verabreichen, die für schwer kranke PatientInnen verträglich sind?

Forschungsergebnisse

Die Gewebespiegel von Voriconazol wurden in Gewebeproben untersucht. „Wir fanden heraus, dass Voriconazol gut in die untersuchten Gewebe penetriert“, erklärte Prof. Dr. Romuald Bellmann. Die Voriconazolspiegel im Gewebe waren somit höher als die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) pathogener Aspergillus-Arten. Die Arbeitsgruppe nimmt aufgrund der Forschungsergebnisse an, dass die Standarddosis von Voriconazol ausreicht, um bei den meisten PatientInnen das Pilzwachstum im Gewebe zu hemmen. „Wenn Gewebespiegel erreicht werden, die das Pilzwachstum hemmen können, ist es wahrscheinlicher, dass durch die entsprechende Dosis die Infektion erfolgreich behandelt werden kann. Allerdings entscheiden zusätzliche Faktoren wie die Grundkrankheit, Begleiterkrankungen, die Funktion des Immunsystems, das Alter und die Pilzart ebenfalls darüber ob die Infektion ausheilen und überlebt werden kann“, führt Bellmann aus.

Voriconazol ist seit einigen Jahren am Markt. Es gibt eine Standarddosis, die im Beipackzettel vom Hersteller empfohlen wird. Diese Dosierung wurde in klinische Studien ermittelt, in denen die Toxizität und die klinische Wirksamkeit untersucht wurden. Diese Studien sind bereits vor der Zulassung durchgeführt worden, wie von den Zulassungsbehörden vorgeschrieben. Dennoch sterben noch immer sehr viele Patienten an Pilzinfektionen. Die vorliegende Studie stellt also eine Ergänzung zu den früheren Untersuchungen dar und gibt Hinweise, ob beispielsweise bei einem Befall der Lunge oder des Gehirns die übliche Dosis wirksam sein kann. Eine richtige Dosierung begünstigt die Ausheilung der Infektion und kann daher für RisikopatientInnen lebensverlängernd sein.

Fakten und konkrete Ergebnisse

Die mediane Voriconazolkonzentration wurde in der Leber, im Gehirn, in den Nieren, in der Milz und im Herzmuskel gemessen. Die Voriconazolspiegel im Gewebe waren höher als die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) pathogener Aspergillus-Arten. Dies spricht dafür, dass sich mit der empfohlenen Standarddosis am Ort der Infektion wirksame Konzentrationen erzielen lassen.