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Integrative Zusammenschau zum Verständnis psychoimmunologischer Zusammenhänge

Ein kürzlich erschienenes, von ao.Univ.-Prof. Christian Schubert von der Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie im Schattauer-Verlag herausgegebenes Buch bietet erstmals einen fundierten Überblick zur Wirkung von psychologischen Interventionen auf das Immunsystem. Das Thema Psychoneuroimmunologie (PNI) und Psychotherapie versteht sich als integrativer und interdisziplinärer Gegenpol zur zunehmenden Fragmentierung und Spezialisierung der modernen Biomedizin.

Dass sich Nerven-, Hormon- und Immunsystem gegenseitig beeinflussen, ist wissenschaftlich hinreichend belegt. Die Erforschung dieser Wechselwirkungen, unter Berücksichtigung psychischer und sozialer Prozesse steht dabei im Mittelpunkt der Psychoneuroimmunologie (PNI) - einem zunehmend an Bedeutung gewinnenden interdisziplinären Forschungsfeld. Forschungsfragen in der PNI basieren auf der Erkenntnis, dass Botenstoffe des Nervensystems auf das Immunsystem und Botenstoffe des Immunsystems auf das Nervensystem wirken. So konnten etwa Biochemiker in Innsbruck nachweisen, dass Krebs- oder AIDS-Patienten einen immunologisch bedingten Mangel des Neurotransmitters Serotonin und damit verbunden Depressionen aufweisen.

PNI - zukunftsweisender Forschungsansatz für komplexe Systeme

Die Entwicklung eines integrativen Ansatzes zur Erforschung psychosomatischer Komplexität stellt einen besonderen Schwerpunkt in der Arbeit von Univ.-Prof. Christian Schubert, Leiter des Labors für Psychoneuroimmunologie an der Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie (Direktor Univ.-Prof. Gerhard Schüßler), dar. Komplexität als wesentliches Merkmal von medizinischen Fragestellungen zu erkennen offenbart sich dabei als Prämisse für das Denken in psychoneuroimmunologischen Zusammenhängen. „Die PNI ist mit der Psychotherapie eine hochkomplexe Partnerschaft eingegangen und gerade deshalb sind von keiner anderen medizinischen Subdisziplin in Zukunft mehr Innovationen in medizinischer Theorie und Anwendung zu erwarten“, meint Christian Schubert im Vorwort des neuen Buches, in dem zahlreiche AutorInnen aus den USA, aus Italien, der Schweiz und Deutschland zu Wort kommen. Ob Psychotherapie jemals gezielt über ein spezifisches Verständnis psychoimmunologischer Zusammenhänge körperliche Erkrankung heilen kann, wird aber davon abhängen, wie der Komplexität dieses Forschungsbereichs in Zukunft methodisch angemessen begegnet werden kann.

Immunparameter, Psyche und soziales Umfeld

Psychologische Faktoren und soziales Umfeld spielen im komplexen, interaktiven, auf die Immunaktivität einwirkenden neuroendokrinen Netzwerk essentielle Rollen. So kann etwa chronischer Stress Immunfaktoren negativ beeinflussen. Andererseits zeigt sich in klinischer Hinsicht eindrücklich, dass Psychotherapie immunologisch, also bis in zelluläre und molekulare Bereiche menschlichen Lebens, wirksam ist. „Die spannende Frage, ob eine gezielte Beeinflussung der Immunaktivität durch psychologische und psychotherapeutische Interventionen möglich ist, wird von der PNI also mit einem eindeutigen Ja beantwortet“. Dies betont Herausgeber Christian Schubert, dem es mit dem vorliegenden Werk gelingt, erstmals einen umfassenden Überblick über die Wirkung psychologischer und psychotherapeutischer Interventionen (u.a. Immunkonditionierung, Hypnose, Stress-Management, Gesprächstherapie) auf das Immunsystem bzw. über die Bedeutung der PNI im Rahmen pathophysiologischer Forschung, Therapieevaluation und neuer Behandlungsansätze zu bieten. Die Hypothese, dass Psychotherapie Immunparameter wirksam verändern kann, wird im Buch aber durchaus - dem Selbstverständnis der PNI entsprechend - kritisch und differenziert beleuchtet.

Die Wissenschaft komplexer nichtlinearer Systeme und die Beziehung zwischen Neurobiologie und Psychotherapie ist auch Thema des Anfang Juli in Salzburg stattfindenden Kongresses „Neurobiologie der Psychotherapie“, in dessen Kongressleitung Prof. Schubert maßgeblich mitwirkt. Ziel des Kongresses ist unter anderem die Auslotung von Entwicklungspotenzialen für eine integrierte systemische Psychotherapie vor dem Hintergrund eines Paradigmenwechsels in der Medizin, wie er auch von der PNI angestrebt wird.