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Eine Kleeblattformation ermöglicht die Muskelkontraktion

Etliche Muskelerkrankungen – so genannte Myopathien – können bisher nicht eindeutig molekular erklärt werden. Neue Erkenntnisse aus dem Labor von Manfred Grabner und Anamika Dayal am Institut für Pharmakologie der Medizinischen Universität Innsbruck könnten dieses Defizit beheben. Sie haben nun die Rolle einer Kalziumkanaluntereinheit erforscht, die für die essentielle Kleeblattformation des DHPR Spannungssensors verantwortlich ist.

Die im renommierten Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichte Forschungsarbeit widmet sich der strukturell-funktionellen Grundlage der so genannten Erregungs-Kontraktions-Kopplung (EKK) in der Skelettmuskulatur - also dem Prozess der Umsetzung eines Nervenimpulses in eine Muskelkontraktion. Im Zentrum des EKK-Apparates der Muskelzelle stehen zwei Kalziumkanäle: Der Spannungssensor oder Dihydropyridinrezeptor (DHPR) in der Zellmembran und der intrazelluläre Kalzium-Freisetzungskanal oder Ryanodinrezeptor (RyR-1) im Sarkoplasmatischen Retikulum (SR). Beide Kanäle müssen sich für die Signalweiterleitung physisch berühren. Dies geschieht in einer faszinierenden ultrastrukturellen Organisation, bei der vier DHPR Spannungssensoren in einer Kleeblattformation (so genannte Tetraden) strikt gegenüber eines jeden zweiten RyR Kanals positioniert sind. „Schon in der Vergangenheit konnten wir zeigen, dass eine intrazelluläre Untereinheit des Spannungssensors, nämlich β1a, nicht nur eine wichtige Schalterfunktion für den Spannungssensor hat, sondern auch für diese spezifische Anordnung der DHPR Kalziumkanäle in der Muskelmembran verantwortlich ist“, sagt Manfred Grabner.

Anamika Dayal und Grabner identifizierten nun in Zusammenarbeit mit der Elektronenmikroskopikerin Clara Franzini-Armstrong (Department of Cell and Developmental Biology, University of Pensilvania) und dem Labor von Kurt Beam (Department of Physiology and Biophysics, University of Colorado) jene molekularen Strukturen der β1a Untereinheit, die diese Anordnung erlauben. „Die β1a Untereinheit ist nach all unseren, auch früheren, Untersuchungen zufolge keinesfalls - wie lange angenommen - nur ein Vehikel, das den DHPR Komplex an die Zellmembran führt. Neben ihrer Rolle als Schalter, der es der DHPR Untereinheit erst ermöglicht, die Membranspannung nach einer Depolarisation zu erfühlen, kann die β1a Untereinheit auch durch die in unserer rezenten Studie idenfizierten 35 Aminosäuren im distalen C-terminus eine Konformationsänderung des DHPRs bewirken. Diese erlaubt schließlich die Tetradenformation und damit die physische RyR-Interaktion, um das Signal zur massiven intrazellulären Kalziumfreisetzung zu geben“, so Erstautorin Dayal.

Für ihre Untersuchungen bedienten sich die ForscherInnen dem einzigartigen Zebrafisch-Modellorganismus, der im Labor von Grabner und Dayal etabliert worden war. Aufgrund der Hautatmung überlebt der Zebrafisch trotz fehlender DHPR β1a Untereinheit relativ lange. Dadurch wird die Arbeit am mRNA injizierten Ganztier als auch an voll ausdifferenzierten, transfizierten Muskelzellen möglich. „Unsere neuesten Ergebnisse sollen in der Folge zu einem umfassenden Funktionsmodell dieser wichtigen Untereinheit führen und dazu beitragen, bestimmte Muskelerkrankungen molekular erklären zu können“, sagt Dayal.
(Innsbruck, 12. Mai 2022, Text: red./Grabner/Dayal, Bild: privat)

Publikation:
The distal C terminus of the dihydropyridine receptor 1a subunit is essential for tetrad formation in skeletal muscle, DOI: 10.1073/pnas.2201136119
https://www.pnas.org/doi/epdf/10.1073/pnas.2201136119 

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