Michael Außerlechner zum Professor für Tissue Engineering berufen
3D Biodruck, „Organ-on-Chip“ oder Medikamententestung ohne Tierversuche. Diese Begriffe sind an der Med Uni Innsbruck untrennbar mit dem Namen Michael Außerlechner verbunden. Der Molekularbiologe mit ausgewiesener Expertise auf dem Gebiet biogedruckter menschlicher Gewebemodelle wurde von Rektor Wolfgang Fleischhacker zum Universitätsprofessor für Tissue Engineering berufen.
An Methoden zur Zell- und Gewebezucht wird bereits seit einigen Jahrzehnten intensiv geforscht. Unter Tissue Engineering wird heute aber schon sehr viel mehr verstanden, als die Kultivierung von Zellen in der Petrischale. Wie groß und vielversprechend das Anwendungsgebiet dieser innovativen Technologie bereits ist, lässt sich nicht zuletzt an den Forschungsaktivitäten des gebürtigen Osttirolers Michael Außerlechner messen.
Der promovierte Molekularbiologe und habilitierte Pathophysiologe leitet seit 2003 das Molekularbiologische Labor an der Univ.-Klinik für Pädiatrie I – dort ist nun auch die Professur für Tissue Engineering angesiedelt – und hat 2018 gemeinsam mit Kollegin Judith Hagenbuchner (Univ.-Klinik für Pädiatrie II) Österreichs erstes 3D Biodruck Labor gegründet und eingerichtet – „praktisch von Null weg“, wie er betont. Eine Vorgeschichte gib es trotzdem dazu: „Angefangen hat alles mit dem 3D-Druck von Plastikschienen für den Spielzeugzug meiner Tochter, die ich mit meinem privaten 3D-Drucker angefertigt habe. Das eigentliche Kick-Off passierte aber im Molekulare Medizin Onkologie-Praktikum, als wir mit Studierenden ein rekombinantes Protein für die Medikamententestung herstellten, das über eine sogenannte Affinitätschromatografiesäule* gereinigt werden sollte. Die Herausforderung bestand darin, dass wir eine einzige Halterung für diese Säulen, aber fünf Arbeitsgruppen hatten; deshalb habe ich zu Hause über Nacht weitere Halterungen gedruckt. Die Studierenden waren begeistert“, schildert Außerlechner.
Heute erforscht und entwickelt er dreidimensionale, natürlich wachsende Gewebemodelle, die vielen Fragestellungen der Medizin offenstehen und darüber hinaus als brauchbare Alternative zu Tierversuchen punkten. Erst kürzlich wurde er für sein Engagement in der tierversuchsfreien Forschung mit dem Staatspreis zur Förderung von Ersatzmethoden zum Tierversuch des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ausgezeichnet. „Mit unseren innovativen 3D Biodruckern können wir körpereigene Gewebe und Tumorgewebe dreidimensional nachbauen und anschließend zu gewebeartigen Strukturen reifen lassen, um damit Medikamente, potentiell toxische Substanzen oder auch neue Therapien zu testen, mit dem Vorteil, dass dadurch Tierversuche reduziert und ersetzt werden können“, betont Außerlechner, dessen Labor schon von Anfang an von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen am Campus für deren Forschungszwecke genutzt wird, nicht zuletzt, um Klinikerinnen und Kliniker bei Behandlungsentscheidungen zu unterstützen und Strategien für Gewebeersatz und Geweberegeneration zu entwickeln. „Der beabsichtigte Transfer des 3D-Biodrucklabors in eine Core Facility ist das Ergebnis jahrelanger Vorarbeit, und soll noch in diesem Jahr vollzogen werden. Ich freue mich, dass die bis jetzt etablierte Arbeit eine solche Fortsetzung findet“, so Außerlechner, der seine Kapazitäten vorerst innerhalb der Med Uni Innsbruck anbieten und parallel auch neue Gewebe- und „organ-on-chip“-Modelle entwickeln will.
Worauf es beim Bioprinting wirklich ankomme, sei die „Zell-Kompetenz“, die Außerlechner bei seiner Kollegin Hagenbuchner besonders schätzt. „Judith hat ein besonderes Gefühl für die Zellen und für die Rahmenbedingungen, die für die Differenzierung von Zellen und Gewebe notwendig sind. Ich bin eher der technisch begeisterte Bastler, in unserer derzeit zehnköpfigen Gruppe“. Gebastelt wird im Biodrucklabor also nicht nur an Gewebemodellen, sondern auch an Geräten, wie Mini-Bioreaktoren, in denen Zellen, Minitumoren, Organoide und 3D Gewebe kultiviert werden können. Der Molekularbiologe wollte ja ursprünglich Physik studieren; dieses Interesse an physikalischen Gesetzen macht sich nun bei den Bioreaktoren bezahlt, etwa wenn es um die Drehgeschwindigkeit geht. „Die Strömung der Flüssigkeit in den Reaktoren muss exakt gesteuert werden, während sich die Zellen differenzieren“, weiß Außerlechner, der sein Know-How zu Computer Aided Design (CAD), Rapid Prototyping, C++ Programmierung und 3D Bioprinting auch in der Lehre weitergibt. Bis zu 13 Semesterwochenstunden im MolMed-Studium bringen Abwechslung in den Forscher-Alltag, brauchen aber auch viel Vorbereitungszeit. Die Freizeit mit seiner 11-jährigen Tochter ist also knapp bemessen. „Wir fahren gern heim nach Osttirol, dort gibt es in Mamas Haus und Garten immer etwas zu tun“. Das Basteln nimmt also kein Ende.
* Affinitätschromatographie ist eine Technik, um Proteine oder Proteingruppen voneinander zu trennen.
(26.04.2023, Text: D. Heidegger, Foto: D. Bullock)
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Alternativen zum Tierversuch: Staatspreis für Michael Außerlechner