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Rekonstruktive und regionale plastische Chirurgie

Die Rekonstruktive Chirurgie beschäftigt sich mit der Defektdeckung durch Gewebeersatz. Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein primärer Wundverschluss oder eine Sekundärheilung einer Wunde auf Grund des Defektausmaßes oder ästhetischer und funktioneller Ansprüche nicht mehr möglich ist. Ziel rekonstruktiver Verfahren ist die bestmögliche Wiederherstellung von Form und Funktion.

Hierfür steht eine Vielzahl, zumeist autologer, das heißt patienteneigener, Gewebetransplantate zur Verfügung. Ausmaß und Lage des Defektareals sowie funktionelle Ansprüche an das Transplantat sind entscheidend für die Wahl des Gewebeersatzes. Die Entnahmeverfahren und Transplantatkonfigurationen sind historisch gewachsen und so mannigfaltig wie deren Einsatzgebiete.

Erste dokumentierte Gewebetransplantationen finden sich bereits im vorchristlichen Indien, wo gewisse Verbrechen durch Abschneiden der Nase, Lippen oder Ohren bestraft wurden. In der europäischen Medizin wurden rekonstruktive plastische Verfahren erstmals in der Antike von Aulus Cornelius Celsus beschrieben und über Jahrhunderte vielfach zur Wiederherstellung wichtiger funktioneller und ästhetischer Strukturen insbesondere im Gesichtsbereich eingesetzt.Anfang der 1970er Jahre ermöglichten die Fortschritte der modernen Medizin und die Verwendung mikrochirurgischer Verfahren den Einsatz freier Gewebetransplantate in der rekonstruktiven Chirurgie.

Im Gegensatz zu den früher gebräuchlichen gestielten Lappenplastiken, bei denen die Versorgung in der Einheilungsphase über eine Gewebebrücke oder einen einzelnen Gefäßstiel erfolgte, werden bei der freien Lappenplastik die nutritiven Blutgefäße freipräpariert, komplett vom Körper getrennt und in der Empfängerregion wieder an den Blutkreislauf angeschlossen. Dies ermöglicht den Einsatz von körpereigenen Transplantaten, die distanzunabhängig, ohne die Zuhilfenahme langstreckiger Gewebebrücken, eingesetzt werden können und eröffneten damit eine Vielzahl neuer Anwendungsgebiete. Sie bilden die Grundlage für viele Vorgehensweisen und Prozeduren des heutigen klinischen Alltags. Die Unterscheidung hinsichtlich dieses Aspektes in freie und gestielte Lappenplastiken ist ein Hauptkriterium zur Klassifikation und Namensgebung der Gewebetransplantate.

Aufgrund des mit der Hebung eines freien Lappentranplantates verbundenen operativ-technischen Aufwandes und der langen Narkosezeiten, die hierbei erforderlich sind, finden weiterhin in ausgesuchten Fällen gestielte Lappenplastiken in der rekonstruktiven Chirurgie regelmäßige Anwendung. Man spricht hier von der sogenannten rekonstruktiven Leiter.

Vom einfachen lokalen Wundverschluss mittels Naht über lokale Gewebeexpansionsverfahren bis hin zu diversen gestielten und freien Lappenplastiken steht ÄrztInnen heutzutage eine breite Palette an rekonstruktiven Verfahren zur Verfügung. In den letzten Jahrzehnten fand auch die Digitalisierung immer mehr Einzug in die rekonstruktive Chirurgie und hilft mittels modernster dreidimensionaler Planungsverfahren und entsprechender intraoperativer Qualitätskontrolle optimale Resultate zu erzielen.
Im Zentrum der Behandlung stehen dabei immer die individuellen Situationen und Bedürfnisse der PatientInnen.

Die Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Innsbruck bietet aufgrund ihrer Expertise eine große Anzahl an rekonstruktiven Verfahren an, um PatientInnen den Gewebeersatz bei Tumorerkrankungen, nach Infektionen oder Verletzungen zu gewährleisten und eine bestmögliche Wiederherstellung von Form und Funktion zu ermöglichen. Dabei bildet der freie, also mikrochirurgische Gewebeersatz den Schwerpunkt möglicher Verfahren.

Man unterscheidet die verfügbaren Transplantate in reine Haut-, Hautmuskel- und Haut-Knochentransplantate. Letztere werden in der Regel als Kieferknochenersatz verwendet, in den später zahnärztliche Implantate gesetzt werden können. Um eine möglichst schonende Transplantatentnahme zu gewährleisten, besteht bei geeigneten Ausgangsvoraussetzungen die Möglichkeit der intraoralen Defektdeckung mittels eines Perforator-Transplantates, wodurch Patientinnen und Patienten praktisch keine funktionelle und ästhetische Einschränkung am Transplantatentnahmeort verbleibt.

Neben Gefäßen können analog dazu auch Nerven transplantiert werden, um zum Beispiel bei Nicht-Anlage oder nach Tumorerkrankungen einen verloren gegangenen Gesichtsnerv wiederherzustellen.